Handlager des Unrechts

12. Spieltag: FSV Hansa 07 – Mariendorfer SV II 0:1 (0:1)

Beginnen wir mit einem Satz, der aufgrund seiner verblüffenden Einfachheit glatt von Sepp Herberger hätte stammen können: „Fußball ist ein Scheißsport.“ Nun war es aber nicht der legendärste aller Phrasendrescher, der das Wort zum Schneesonntag gesprochen hat, sondern Hansa-Präsident Ralph Göritz, und das, nachdem auch das zweite Spiel des Tages, Hamburg gegen Werder, einen unverdienten Sieger gefunden hatte. Aber das ist eine andere Geschichte. Es soll hier um Hansa 07 gehen und die bittere 0:1-Niederlage gegen den Mariendorfer SV II. Eine Niederlage, nach der man Fußball getrost zum Scheißsport erklären und sogar noch weiter gehen darf: Gibt es einen Fußballgott? Aus Sicht von Hansa 07: Eher nicht. Sollte er aber doch existieren, dann muss er ein Sadist sein.

Anders ist es nämlich nicht zu erklären, dass eine Mannschaft, die 90 Minuten lang das Spielgeschehen diktiert, trotzdem verliert. Die fußballgöttliche Grausamkeit lässt sich am besten in zwei Szenen beschreiben. 27. Spielminute: Ein Eckball für die Gäste landet im Nirgendwo, doch plötzlich unterbricht der Schiedsrichter, der irdische Handlager des Unrechts, das Spiel: Elfmeter für Mariendorf. Kapitän Paul Linke wird zum ersten (und bei weiten nicht zum letzten) Mal zum Rapport zitiert und muss sich anhören: „Die Nummer acht hat den Stürmer umgerissen, ich habe es genau gesehen.“ Derweil begreift auch die Nummer acht, Pablo Gorelik, dass sein Einsatz im Strafraum wohl zu ungestüm gewesen sein muss. Doch auch die Superzeitlupe konnte den Tatbestand nicht abschließend klären.

Dass der Elfmeter letztlich im Netz landete, gibt den Anhängern der kosmischen Verschwörungstheorie ordentlich Nahrung. Schnapper Christian Haberecht hechtet in die richtige Ecke, lässt den Ball aber direkt vor die Füße des Schützen prallen, der dann das Tor des Tages erstochert. An einen ernsthaften Versuch der Gäste, das zweite Tor zu erzielen, können sich die Chronisten unter den treuen Hansa-Anhängern nicht mehr erinnern. Wie auch, waren sie doch in der Folge zu sehr damit beschäftigt, den Schiedsrichter der Böswilligkeit zu bezichtigen. Und weil sich mindestens auch zwei Hansa-Spieler davon anstecken ließen (namentlich: Asker Karayel und Akgün Akdogan), hatte der schwarze Mann sichtlich großes Vergnügen daran, beide mit Gelb-Rot des Spielfeldes zu verweisen.

Lass stecken, Digger!

Die zweite Szene, die den Glauben an den Fußballgott arg in Frage stellt, stammt aus der 85. Spielminute: Der eingewechselte Engin Kahraman wird vom Riesenlibero der Mariendorfer zur Seite geschupst, was den zweiten Elfmeterpfiff des Tages provoziert. Die Versöhnung mit dem Schicksal? Nein. Der sonst traumwandlerisch sichere Roman Emmerling platziert die Kugel zwar in die rechte, untere Ecke, eigentlich unhaltbar, doch weil der Torwart einer plötzlichen Eingebung folgend, rechtzeitig abtaucht, kann der den Schuss abwehren. Natürlich bleibt der Ball nicht vor dem Kasten liegen, sondern trudelt zur nachfolgenden Ecke, die wieder nichts einbrachte. Nur noch als zynisch kann gelten, dass Hansa selbst nach dieser kollektiv gefühlten Ungerechtigkeit noch mehrfach die Chance hatte, wenigstens einen Punkt zu erbeuten. Dieses Scheißfußballspiel dauerte aber nur 90 Minuten.

Aufstellung: Haberecht – A. Selk, Karayel, Linke, Catal – Huber, Gorelik (45. Kahraman), Akdogan, Schachner –  Öktem (74. Emmerling), Weikardt

Tore: 0:1 (27., Foulelfmeter)

Karten: Gelb-Rot für Karayel (72.) und Akdogan (77.), Gelb ging an Gorelik (Foulspiel),  A. Selk (nix), und Weikardt (nix).

Hansa-Spieler des Spiels: nicht ermittelbar

Besondere Vorkommnisse: keine Kunstrasenheizung

Aktueller Tabellenplatz: 8.

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