Mit einem blauen Auge und drei Punkten davongekommen

1.Spieltag: BW Hohen Neuendorf II – FSV Hansa 07 II 0:1 (0:0)

In Berlin hat der Wahlkampf begonnen und Hansa-Kicker Pascal Meiser blickt in Bälde von Straßenschildern und Laternen auf die Bewohner des Wrangelkiezes herab. Eigentlich war noch ein Foto-Shooting geplant, welches der Direktkandidat für »DIE LINKE« nun wohl besser bleiben lässt oder sich wahlweise einem professionellen Photoshopper anvertraut. Sein gewonnenes Veilchen steht sinnbildlich für den Sieg der Zweiten in Brandenburg.

Gleich der erste Auswärtstrip der Saison führte die Wrangelkicker zum am weitest entfernten Gegner der Liga nach Hohen Neuendorf in die Mark Brandenburg. Die Hanseaten mussten früh raus, den Trainer Marc Nutsch hatte um 10 Uhr zu einer ausführlichen Besprechung geladen. Auf der Agenda stand nicht nur das anstehende Spiel, sondern auch ein Ausblick auf die kommende Saison in der neuen Spielklasse. Der Kaffee half des Trainers Ausführungen zu überstehen. Und als es dann geschafft war, ging es mit den Autos und dem Motorrad im Konvoi los.

In Hohen Neuendorf angekommen, staunten die Gäste aus dem an Fußballplätzen minderbemittelten Kreuzberg nicht schlecht: Zwei Naturrasenplätze, ein Kunstrasen, ein nigelnagelneues Vereinsheim (daran steht das großartige Wort »Sportfördergebäude«), Wurstbude, Bierwagen, Veranda, Balkon, Musikbeschallung, Antilärmkonzept. Hätte die Sonne den Kiezkickern nicht Farbe ins Gesicht gezaubert, sie wären vor Neid erblasst.

Doch so tief man den Hut vor dem sportlichen Engagement von BW Hohen Neuendorf auch ziehen mochte – immerhin spielen die 1.Frauen in der Regionalliga und haben auch schon 2.Liga-Luft geschnuppert -, gekommen waren die Hanseaten um Punkte zu ergattern.

Die »Ultras« waren wieder lebhaft an der Seitenlinie und forderten ab der 55. Minute vehement die Auswechslung von Roman Emmerling.

So begann das Spiel auch mit Vorteilen für die Gäste aus Berlin, die wieder die »Ultras« im Gepäck hatten, was auswärts bis dato immer ein gutes Omen war. Zwar sah der geübte Betrachter schnell, dass sich die Spieler mit dem ungewohnten und bremsenden Naturgeläuf etwas schwer taten, worunter vor allem die Passgenauigkeit litt, aber doch bestimmten die Hanseaten das Geschehen. Eine erste Chance bot sich Max Ellner, der versuchte einen langen Pass von Steffen Hoffmann im Sechzehner per Kopf direkt aufs Tor zu bugsieren, statt den Ball anzunehmen, und damit scheiterte (12.). Das erste dicke »Ohhhhhh« folgte dann, als Frank Engel eine Kopfballvorlage von Max Ellner per Seitfallzieher aus 12 Metern übers Tor schoss (18.). Damit war der Anfangselan aber auch schon am erlischen und Hohen Neuendorf fand mehr und mehr ins Spiel. Meist trugen sie ihre Angriffszüge über Hansas linke Defensivseite vor. Doch bei der Innenverteidigung um Laszlo Strzoda und Steffen Hoffmann oder spätestens bei Torwart Enrico Selk war dann Schluss. Einen Hochkaräter von Chance bekamen die Zuschauer im ersten Durchgang auf beiden Seiten nicht zu sehen. Vieles blieb Stückwerk, viele Zweikämpfe führten zu einer Unzahl von Freistößen und Einwürfen. Das Spiel war wenig appetitlich und technische Rafinesse Mangelware. Doch wer Kampfspiele mag, der war am richtigen Ort. Hansa erholte sich von dem 15 Minuten dauernden »Hungerast« (nicht nur bei Radprofis gefürchtet!) und war gegen Ende der ersten Halbzeit wieder ebenbürtiger Gegner.

Der gut leitende Schiedsrichter (der Ärmste musste aus Müggelpark Goosen, zumindest pfeift er für den Club, anreisen) unterbrach den Kampf und schickte die Kontrahenten in die Ecken.

Dort wurde den geschundenen Körpern viel Wasser zugeführt und kurz und knapp analysiert, dass dies ein typisches 1:0-Spiel werden könnte und Hansa doch am Ende lieber das Team mit der »1« auf dem Konto wäre. Auch das Defensivverhalten auf der linken Seite wurde neu justiert und so ging es frischen Mutes gen Wiederanpfiff.

Den ersten Ertrag für den wiederaufgenommenen Aufwand erwirtschafteten die Hanseaten in der 50. Minute in Form einer Ecke. Max Ellner trat jene mit Schnitt gen langen Pfosten, wo Roman … nein … Laszlo … wirklich … ja, wirklich … Laszlo Strzoda per Kopfballaufsetzer einnetzte. Das erste Pflichspieltor im dritten Hansa-Jahr für den Frankfurter Jung. Ungläubige Freude.

Das isser … der Schröder … der Siegtorschütze.

Mit der Führung im Rücken, und noch etwas jubeltaumelnd, geriet Hansa aus dem Gleichgewicht und sah sich nun wütenden Attacken der Hausherren ausgesetzt. Diese hatten sich den Spielverlauf wohl etwas anders vorgestellt. An der Seitenlinie beschlich den Hansa-Tross das Gefühl, das Tor könnte etwas zu früh gefallen sein, denn nun spielte nur noch Hohen Neuendorf. Die Kreuzberger wehrten sich nach Leibeskräften, benötigten aber auch eine Menge Glück, um die harte Sturm- und Drangphase zu überstehen. Erst klatschte ein Schuss aus 16 Metern an den Innenpfosten des Hansa-Gehäuses und weigerte sich im Anschluss über die Linie zu rollen (57.). Dann schlug ein Schuss von halblinks mit Schnitt zum Tor abgegeben gegen den langen Außenpfosten (63.). Doch das Schlimmste stand erst noch bevor. Ein Angriff des Teams aus Hohen Neuendorf gelangte wieder in den Sechzehner, rutschte durch auf die rechte Seite zu Rafael Strauss, der den Ball gerade klären wollte, als er ein »TORRRRRWAAAAAAAARRRRRRT« vernahm. Er stockte, fror die Bewegung des Beines zum Ball ein und wartete auf den Zugriff des Keepers. Der hinterhersetzende Angreifer aus Hohen Neuendorf geriert nun zwischen das schockgefrorene Bein und den heranrauschenden Goalie und fiel zwangsläufig. Der Pfiff des Unparteiischen verhieß nichts Gutes und die Handbewegung zum Elfmeterpunkt ließ in Trainer Nutsch das HB-Männchen explodieren. Es war die 68. Minute und Hansa-Ultra-Betreuer Fischer kommentierte des Trainers Gezeter lapidar »Jetzt schrei doch nich’ so, der is’ ja noch nich’ drin!«.

Der Schütze lief an, entschied sich für Links unten, wohin die 1,95 Meter von Enrico Selk, die das Tor hüteten, auch unterwegs waren. Der Ball prallte am Körper des Hansa-Torwarts ab, sprang dem Schützen erneut vor die Füße, doch bis dieser den Ball kontrollieren konnte, war Kapitän Roman Emmerling zur Stelle und blockte den zweiten Versuch das Leder im Tor unterzubringen. Enrico Selk schnappte sich den Ball und begrub ihn endgültig unter sich. Grenzenloser Jubel. Der dritte gehaltene Elfer in Folge (saisonübergreifend!).

Eye of the Meiser

Mit diesem Aufreger war das Feuer in den Offensivaktionen von BW Hohen Neuendorf bezwungen. Danach übernahm das Hansa-Mittelfeld, um die nun sehr klug agierenden André Tucic und Roman Emmerling, wieder die Kontrolle. Hätte das Team manche Angriffe konsequenter zu Ende gespielt oder der Schiedsrichter beim Treffer zum 0:2 durch den für »Veilchen-Meiser« eingewechselten Max Giese nicht hauchdünn auf Abseits entschieden, der Sieg hätte noch höher ausfallen können, was aber auch irgendwie nicht zum Spiel gepasst hätte. Abgerundet wurde dieses Kampf-Spiel noch passend mit einem Platzverweis (Gelb-Rot) wegen wiederholtem Foulspiel für die Gastgeber.

So blieb es beim in der Halbzeitpause prognostizierten knappen 1:0-Spiel mit der »1« auf der richtigen Seite.

Fazit: Mit Glück und Geschick holte sich die Zweete den ersten Dreier und startete erfolgreich und glücklich in die neue Saison und Liga.

Aufstellung: E.Selk – Kreischer, Strzoda, Hoffmann, Meiser (75.Giese) – Ellner, Tucic, Emmerling, Strauss – Engel (60.J.Kohl), Hoss

Tor/e: 0:1 Strzoda (50.,Kopfball,Ellner)

Karte/n: Bülow (gelb/Foulspiel), Seitz (gelb-rot/wdh. Foulspiel,85.) – Ellner, Strauss, Tucic (alle gelb/Foulspiel)

Spieler des Spiels: Enrico Selk – der einer Oberschenkelzerrung zum Trotz, den Kasten sauberhielt, auf einem guten Weg zu sein scheint, sein torhüterisches Gardemaß endlich richtig zu nutzen und sich zum Elferspezialisten entwickelt.

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