Professoren für Eiseskälte

9.Spieltag: FSV Hansa 07 II – Borussia Pankow 1960 1:1 (1:1)

Ich weiß nicht mehr, wer es war, einer der verletzten oder einer der gesperrten Spieler, einer, der nicht mehr hinschauen wollte oder einer der es einfach nicht mehr konnte, jedenfalls sprach da einer, der es auf den Punkt brachte: „Warum sind bei uns immer die Leute alleine durch, die nie das Tor treffen?“ Was war passiert?

Einer, der alleine durch war am vergangenen Sonntag, heißt Stephan Kreischer, von Beruf ist er Welthungerlobbyist und ungelernter Stürmer auf Minijobbasis. Gerüchten zufolge soll der Wert seines Motorrads den Preis für einen Sack Reis um ein Vielfaches übersteigen, aber das sind nur Gerüchte, die gar nichts zu tun haben mit der Szene, als Kreischer sich auf der linken Seite plötzlich gegen drei Spieler und in beste Schussposition pressgeschlagen hatte. Der Ball lag frei wie ein einziger Tropfen Biodiesel im Tank, er lag vor allem auf rechts, dem stärkeren Fuß, und nur noch der Torwart stand im Weg. Aus Sicht der Verletzten und Gesperrten ging die Szene so weiter: Schussversuch, halbhoch, Torwart hält mit irgendeinem Körperteil, kein Tor für Hansa II, wieder nicht, dann Haare raufen, viele Flüche, eine Verwünschung, sofort entschuldigende Worte, nur noch Verzweiflung. Wie konnte der den nicht machen? Wie konnte der andere den halten? Der Schütze sollte später sagen: „Der Torwart hat ihn gut gehalten, ich hatte die beste Sicht.“

»Dem, der Ball Ball nicht gehorcht.« Nominiert in der Kategorie »Eine von fünf vergebenen Hochkarätern.«

Ein anderer, der auch alleine durch war am  vergangenen Sonntag, heißt Andre Hoss, er studiert Politikwissenschaften und nebenbei Chancenverwertung. Gerüchten zufolge soll er freiwillig eine Summe in Höhe von sieben Semestergebühren in die Mannschaftskasse eingezahlt haben, aber auch das sind nur Gerüchte, die nichts zu tun haben mit der Szene, als Hoss plötzlich blank stand und viel Zeit hatte, den Ball zu stoppen, zu verarbeiten und sicher unter Kontrolle zu bringen. Den Schein für Modul zwei, Stellungskampf in Krisengebieten wie Sechzehner und Fünfer, hatte er beim renommierten Professor für Abgewichstheit und Eiseskälte Markus Rosenberg gemacht, schon in der vergangenen Saison. Dass der zurzeit wieder in Bremen forschende Schwede bei seiner Promotion über die Angst des Stoßstürmers vorm letzten Meter allerdings amateurhaft von dem in der Fußballosophie bislang verkannten Engin Kahraman abgeschrieben hatte, musste auch den fleißigen Hoss betreffen. Die Reaktionen aus Sicht derer, die nicht mehr hinschauen wollten oder konnten: siehe oben. Der Schütze sollte später sagen: „Warum komme ich auf die bescheuerte Idee, den Torwart zu tunneln?“ Jetzt fällt mir doch wieder ein, wer so dreist war, die Wahrheit zum Heimspiel gegen Borussia Pankow auszusprechen. Es war einer, der mal Richter von Beruf sein möchte, und die haben – das ist leider kein Gerücht – immer das letzte Wort.

Aufstellung: Mann – Kreischer, Strzoda, Hoffmann, Meiser – Hubmann (60.Ciftci), Behrendt (68.P.Kohl), Emmerling, Schumann – Schachner, Hoss (78.Baran)

Tor/e: 1:0 Hubmann (2.,Rechtsschuss,Schumann), 1:1 Otto (5.,Rechtsschuss)

Karte/n: Kreischer, Meiser (gelb/Foulspiel)

Spieler des Spiels: Der Oldie, Pascal Meiser, lieferte eine seiner besten Leistungen im Hansa-Dress ab. Hinten aufmerksam und bissig, nach Vorne, als Pankow in der 2.Halbzeit ko war, mit sehr guten Vorstößen.

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