What a wurst!

28. Spieltag, 12.05.2013: FSV Hansa 07 II – CFC Hertha 06 II 1:1 (0:0)

Autor: Hendrik Schmidt

Hansa 07 II und das Jahr 2013 – bislang eine einigermaßen schwierige Beziehung: Nach akzeptablem Jahresbeginn und Zwangspause im März rutschten die Recken der Zweiten in eine veritable Mediumkrise mit fünf Niederlagen in Serie. Doch mit Beginn der warmen Jahreszeit konnte das Ruder herumgerissen werden: Mit Siegen gegen FC Brandenburg 03 II und Eiche Köpenick wurde eine große Frühjahrsdepression verhindert. Nun galt es, die Punktgewinne der letzten beiden Spieltage mitzunehmen und die ansteigende Form zu bestätigen. Da kamen die Schöngeister von CFC Hertha 06 II nur allzu recht – hatte es sich doch im Verlauf der Saison das ein oder andere Mal gezeigt, dass die Zweite vor allem spielstarke Gegner durchaus erfolgreich zu bespielen weiß.

Ob dies den Spielern der Hertha bewusst war, wissen nur sie selbst. Angesichts ihrer als zweitplatzierten nicht unberechtigten, aber nach wie vor durch Siege zu bekräftigenden Aufstiegsambitionen steht in jedem Fall fest, dass sie nicht gekommen waren, um die Punkte in der Ritze zu lassen. Für die Zweite ging es demgegenüber, wie Co-Trainer Ben Fischer unter der Woche bedeutungsschwanger verkündete, um „nichts“ mehr, sodass man ohne viel Druck auf den Schultern rausgehen und Fußball spielen konnte. Gerade solche Situationen sind es ja bekanntlich, in denen kleine oder große Fußballüberraschungen passieren können.

Der Zweiten fehlten mit Bublak und Bußmann zwei Leistungsträger der vergangenen siegreichen Spiele, sodass das Trainerteam um Chef Ralph Göritz die Mannschaft umbauen musste. Ins Tor kehrte Hertel zurück; den letzten Wellenbrecher gegen die erwarteten Sturmangriffe der Hertha bildeten Kreischer, Kohl, Labude und Möller. Davor sollten Meiser und Brunnert für defensive Ordnung und offensive Impulse sorgen; letzteres war dann hauptsächlich Aufgabe des doppelten André – der beiden falschen Neuner Tucic und Hoss. Auf den Außen begannen Engel sowie Kapitän Schumann.

Alle Vorzeichen deuteten auf ein schnelles, attraktives Kreisliga B-Spiel hin. Doch dann kamen kurz vor Spielbeginn die verfrühten Eisheiligen und schickten eine geschlagene Viertelstunde unerbittlich Salve um Salve harten, kalten Regens sowie Bö um Bö schneidenden Windes gen Spielstätte, sodass sich diese bei Anpfiff eher zum Seifenrutschen als zum Fußballspielen eignete. So schnell konnten die Akteure allerdings nicht umdisponieren, und so begann das Spiel um Punkt halb Vier.

Ersatzspieler und Zuschauer kauerten sich mit Grillwürstchen bestückt in den Windschatten der umstehenden Bäume und besahen sich ein Spiel, das zunächst so gar nicht mit spielerischer Klasse bestechen konnte. Vielmehr sorgten reihenweise lange Bälle, Zweikämpfe sowie viele kleine Fouls und Spielunterbrechungen dafür, dass sich ein eher unschönes Spiel ergab. Bei diesem hatte Hertha zunächst die Oberhand und wurde vor allem bei Eck- und Freistößen gefährlich. Jedoch gelang es den Gästen nicht, Abwehr und Torwart vor unlösbare Probleme zu stellen. So kam bei der Zweiten keine Unruhe auf, und in der Folge gelang es ihr, sich durch konsequente und intelligente Zweikampfführung sowie durch hohe Laufbereitschaft vom Druck zu befreien. Langsam fand die Mannschaft (deren Durchschnittsalter an diesem Sonntag die 33 Jahre nicht unterschritten haben dürfte) zu ihrem Spiel und kreierte alsbald auch gute bis sehr gute Tormöglichkeiten, bei denen sich Kreischer (25. Minute) und Engel (35. Minute) auf Außen durchsetzten und den Ball jeweils in die Mitte legten, wo es dann jedoch an Abschlussfortune mangelte. So gingen beide Mannschaften mit einem leistungsgerechten 0:0 in die Pause.

In der zweiten Halbzeit nahm Hansa den Faden wieder auf und bot den Gästen Paroli, wobei deren Angriffslust nie ganz eingedämmt werden konnte. Ein Pfostenschuss und mehrere gefährliche Standartsituationen zeigten, dass das 0:0 nur ein trügerischer Frieden war. In dem Moment, als die Hertha begann, Morgenluft zu wittern, wechselte Trainer Göritz doppelt und brachte Hausmann und Bialon für Hoss und Engel. Ein kluger Wechsel, denn mit den Neulingen kehrte sogleich auch neuerlicher Angriffsschwung ins Spiel der Hansa ein. Aus diesem resultierten mehrere Torgelegenheiten, deren beste Meiser vergab, als er frei vor des Gegners Kasten am herausstürmenden Tormann scheiterte (65. Minute). Wenig später zahlten sich dann die Bemühungen der Hansa aus: Aus einer Einwurfsituation heraus wird Bialon freigespielt, dringt unwiderstehlich in den gegnerischen Sechzehner ein und wird dort gelegt. Eine leichte Berührung des Gegenspielers zwar, aber bei dem hohen Tempo Bialons reichte dies völlig aus. Folgerichtig entschied der generell sehr umsichtig agierende Schiedsrichter auf Elfmeter. Tucic ließ bei dessen Ausführung keine Zweifel offen. Torwart ausgeguckt, Kugel eingeschoben, 1:0 für die Hansa (75. Minute). Trotz inflationären Gebrauchs dieses Adjektivs in der professionellen Berichterstattung über den professionellen Fußball – hier bahnte sich in den Niederungen der Kreisliga ein historischer Nachmittag an.

Wer aber glaubte, dass Spiel sei mit der mittlerweile nicht unverdienten Führung der Gastgeber gelaufen, der sah sich getäuscht. Denn nun bemerkten die Gäste, wie schlimm es wirklich um sie stand. Jedoch, sie verfielen nicht etwa in Panik und agierten wie eine Horde Halbwüchsiger. Nein, die Spieler der Hertha schüttelten sich kurz und setzten dann zu dem Sturmlauf an, den nicht wenige schon vom Anpfiff weg erwartet hatten. Die Zweite aber stellte sich der Schlussoffensive mit beharrlicher und konzentrierter Abwehrarbeit, sodass Hertha es kaum schaffte, zu Tormöglichkeiten zu kommen. Gleichzeitig gelang es der Heimmannschaft aber auch nicht, aus den sich nun vereinzelt ergebenden Kontersituationen zählbares mit nach Hause zu bringen. Und so kam es, wie es oft kommt. Eine kleine Unachtsamkeit reichte, und der gegnerische Außenstürmer konnte freistehend im Strafraum abziehen. Glanzparade vom ohnehin starken Torwart Hertel. Auch den ersten Nachschuss konnte dieser noch von den Maschen fernhalten, beim zweiten aber war er machtlos (90. Minute).

Einen Platzverweis für die Gäste in der Nachspielzeit konnte die Hansa nicht mehr zu ihrem Vorteil nutzen, und so trennten sich die beiden Mannschaften schiedlich und beinahe friedlich mit einem 1:1 Unentschieden. Ob es nun ein gewonnener oder zwei verlorene Punkte waren, mögen andere beurteilen. Auf den Magen geschlagen hat der Zweiten der späte Ausgleich jedenfalls nicht, und so konnten die Spieler es nach Abpfiff den Zuschauern gleichtun und wohlverdiente Feierabendgrillwürste genießen.

Aufstellung:

Hertel – Möller, Kohl, Labude, Kreischer (75. Schmidt) – Brunnert, Meiser – Engel (60. Bialon), Tucic, Schumann – Hoss (67. Hausmann)

Tore: 1:0 (83.) Tucic (Foulelfmeter, Bialon), 1:1 (90.+1) Micic

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