Amateurvereine sind trotz der Milliarden die im Profigeschäft Jahr für Jahr umgesetzt werden auf Gedeih und Verderb auf das kostenlose Engagement ihrer Mitglieder angewiesen. Das ist auch bei Hansa nicht anders. Einer der vielen Ehrenamtlichen, die Hansa ihre wertvolle Zeit und Energie opfern, ist Ben Fischer…
07: Herr Fischer, zunächst einmal Danke, dass Sie sich für dieses Interview die Zeit genommen haben.
BF: Gerne. Du kannst mich übrigens Ben nennen.
07: Also Ben, zunächst einmal: Wie geht es dir?
BF: Danke, mir geht es blendend. Die Saisonpause tut gerade ganz gut. War ja doch ein sehr emotionales und ereignisreiches Jahr.
07: Du bist bei der letzten Mitgliederversammlung erneut als Vorstandsmitglied in den Vorstand gewählt worden. Außerdem regelst du die Finanzen, trainierst als Co-Trainer die 2. Herren und bist ein berüchtigtes Mitglied der Kreuzberger Ultra-Gruppierung „Wrangel-Warriors“. Wo nimmst du die Zeit und Energie her, um all diese Aufgaben neben deinem Hauptberuf im Finanzwesen zu bewältigen?
BF: Eine gute Frage. Ich weiß es nicht.
07: Was ist stressiger? Finanzhaie oder Mitgliederversammlungen in Kreuzberg?
BF (lacht): Darüber möchte ich mich nicht äußern, sonst brennt morgen vielleicht mein Fahrrad.
07: Stimmt es, dass du dir als Treuebeweis die nullsieben auf den Oberarm tätowiert hast?
BF: Das ist korrekt! (Ben Fischer zieht sein Hemd aus und präsentiert mir stolz sein Tattoo.)
07: Du nimmst also Schmerzen für den Verein in Kauf und bezahlst dafür auch noch? Ist das krank oder Liebe?
BF: Beides!
07: Danke Ben. du kannst dich wieder anziehen.
BF: Das passt schon, nächste Frage bitte, ich hab noch Termine.
07: Was fasziniert dich so an diesem kleinen, armen aber traditionsreichen Verein?
BF: Hansa ist wie eine Familie für mich. Und zwar mit allem was dazu gehört. Ein guter Verein zeichnet sich dadurch aus, dass er für seine Mitglieder da ist und sie unterstützt, in welcher Form auch immer. Da bin ich echt bei Uli Hoeness. Jeder macht mal im Leben Krisen durch. Große und kleine. Wir bekommen immer wieder von unseren Leuten zu hören, dass sie nie das Gefühl bekommen haben, vom Verein im Stich gelassen zu werden. Wir sind mit den sozialen Problemen die in dem Bezirk herrschen auch ein soziales Projekt für jung und alt. Den Jungen geben wir Ziele und vermitteln über den Sport der Gemeinschaft Werte die „da draußen“ von hoher Bedeutung sind. Auch das zeichnet unseren Verein aus. Hansa liebt dich!
07: Wie ist es generell um die Jugendarbeit im Verein bestellt?
BF: Ich wünschte ich könnte sagen, dass alles wunderbar ist, aber das wäre glatt gelogen. Unsere Jugend hat ein sehr hohes Potenzial. Die Jugendtrainer machen allesamt einen hervorragenden Job, nur leider stoßen wir mittlerweile an unsere Grenzen, was die Kapazitäten angeht. Wir könnten locker drei, vier weitere Jugendmannschaften stellen. Der Verein Hansa boomt. Die Kids innerhalb und außerhalb Kreuzbergs sind heiß darauf, hier zu kicken. Wir stehen im ständigen Kontakt mit den Behörden, aber noch ist nichts Spruchreifes dabei rumgekommen. Fakt ist aber für uns, dass Hansa nicht im Wachstum aufgehalten werden darf. Wir sind die Nummer 1 in Kreuzberg! Jetzt auch im Frauenfußball! Das musste mal gesagt werden.
07: Wenn man sich den Stellenwert des Vereins in Kreuzberg ansieht, verwundert es doch sehr, dass so wenige Sponsoren bisher zu Hansa gefunden haben.
BF: Das ist richtig, hat aber auch einen einfachen Grund. Dieser Bereich lag in den letzten Jahrzehnten brach und daran wollen, nein müssen wir etwas ändern. Ein Ziel ist es, die türkischen Geschäftsleute aus Kreuzberg mit ins Boot zu holen. Wir wollen in erster Linie finanzielle Supporter, die sich mit dem was Kreuzberg ausmacht identifizieren. Der Verein hat ein hohes Potenzial, es ist der älteste Club in Kreuzberg, mitten im Kiez und das ist ein Faustpfand! Fragen Sie mal auf St.Pauli nach…
07: Träumst du vom Profifussball in der Wrangelritze?
BF: Nein! Der Profifußball ist mittlerweile ein Zirkus mit dem ich mich dann nicht mehr identifizieren könnte. Wobei …. dritte Liga wäre okay … (lacht)
07: Gibt es Pläne für einen Ausbau des Platzes?
BF: Ja die gibt es. Leider sind wir nicht die Alleineigentümer, sondern immer noch abhängig von der auf dem Grundstück befindlichen Schule. Das macht das ganze etwas schwierig.
07: Alternativen?
BF: Eine Überlegung war, auf den Platz an der Wiener Straße umzusiedeln. Aber irgendwie will das keiner wirklich, wobei die Vorteile überwiegen würden. Seis drum. Wir sind in der Wrangelritze zu Hause und das wird auch so bleiben.
07: Wo siehst du Hansa in zehn Jahren?
BF: Hansa gehört in die Landesliga oder in die Berlin Liga. Das muss realisierbar sein. Wenn dann noch ein eigenes Vereinsheim, genug Trainingsplätze und ein über die Landesgrenzen bekannter Kiezclub auf der Habenseite stehen, ist das schon ein Jackpot.
07: Klingt nach erstrebenswerten Zielen.
BF: Dafür leben wir doch oder was?
07: Bist du manchmal amtsmüde?
BF: Ja, manchmal schon, aber so ist es doch mit allem im Leben. Irgendwann kommt der Punkt da kotzt dich alles an, dann muss man kurz mal klar kommen und dann geht’s weiter. Ich liebe diesen kauzigen Verein halt.
07: Das letzte Hansa-Jahr verlief ziemlich erfolgreich. Zwei D-Jugenden feierten souverän die Meisterschaft und die 2. Herren hat unter der Regie von Kulttrainer Nutsch den Aufstieg geschafft. Gerade mit der Zwoten hatten vor der Saison nur die wenigsten gerechnet. Worin liegt deiner Meinung nach das Geheimnis des Erfolges?
BF: Zum einen natürlich bei unserem Trainer Marc Nutsch, der sowohl im Training als auch außerhalb des Platzes immer alles für seine Jungs und für den Verein gibt. Ich bin schon ein paar Jahre bei Hansa, aber ich habe in all den Jahren keinen Trainer gesehen, der ein so abwechslungsreiches und intensives Training anbietet. Früher waren wir höchstens acht bis zehn Leute beim Training, heute könnten wir am Freitagabend bei Regen elf gegen elf spielen, das ist Wahnsinn. Ein weiterer Punkt ist der starke Teamgeist in der Truppe. Das ist eine richtige Mannschaft in der jeder seinen Platz gefunden hat. Klar knallt es auch mal hin und wieder, aber das ist ja auch gesund. Wichtig ist, das die Mannschaft Streitigkeiten intern klärt und nicht über die Öffentlichkeit.
07: Welchen Einfluss hatten die Neuzugänge am Aufstieg?
BF: Einen enormen, wir haben einfach ein fast schon unverschämtes Glück mit den Neuzugängen gehabt. Ich möchte jetzt nicht alle aufzählen und rate jedem, der diese Zeilen liest einfach mal in der Ritze vorbeizuschauen wenn die Zwote kickt. Das ist ein sehr erfrischender Fußball, gespielt durch ganz wunderbare Menschen. Pflicht ist dann natürlich auch noch der Ersten zuzuschauen, der ich hiermit viel Erfolg für die kommende Saison wünsche. Auf das es endlich mit dem Aufstieg in die Bezirksliga klappt!
07: Einige Beobachter sagen aber auch, dass altgediente Spieler wie Schumann oder Kahraman einen kleinen Quantensprung in ihren Leistungen vollbracht haben.
BF: Das haben die Beobachter sehr gut registriert. Aber nicht nur die beiden, ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass nahezu alle Spieler Fortschritte in ihrer Entwicklung gemacht haben. Dies konnte auch nur passieren, weil unser Kader sehr ausgeglichen und auf jeder Position mindestens doppelt besetzt ist. Sie wissen ja, Konkurrenz belebt das Geschäft. Das ist bei den Wrangelboys nicht anders.
07: In Kürze beginnt die Vorbereitung auf die neue Spielzeit. Was sind deine Wünsche für die neue Saison?
BF: Ich übe mich mal in Bescheidenheit:
– eine funktionierende Sponsoring-/ Merchandising- und Marketing-Abteilung
– Aufstieg der Ersten
– der Zwoten keine Abstiegsangst
– drei aufsteigende Jugendmannschaften
– Klassenerhalt beider D-Jugenden
– eine A-Jugend
– allen weiteren Mannschaften, von den Frauen bis zur Altliga Aufstiege und Siege
– und allen Hansa-Unterstützern eine ganz wunderbare Saison!
Ach ja, und natürlich wünsche ich auch unseren beiden Freizeitliga-Mannschaften Urbanspor und Pulmon Negro alles Gute für die neue Saison! Aber was mir am wichtigsten ist: Bleibt immer ehrgeizig und streng zu euch selbst. Fairness und Toleranz gehen vor!
07: Ben, Hansa dankt dir für dieses Interview!
Das Interview führte Dr. Dobermann.
[ratings]