Nehmerqualitäten

12.Spieltag: CSV Olympia II – FSV Hansa 07 II 3:3 (2:1)

Tief im Westen, wo Kleingartenanlagen fester Bestandteil der Leitkultur und Bestattungen zu Discountpreisen zu haben sind, spielt der CSV Olympia. Hinter der »Dauerkolonie Birkenwäldchen«, unter der Dunstglocke eines dampfenden Schlots, da sind die Olympioniken zu Hause. Es hat was von Ausflug, wenn man am Spandauer Damm parken und dann noch knapp 500 Meter zum Platz laufen muss. Umziehen war dann angesagt in der wohl kleinsten Kabine, die die Hanseaten bis dato gesehen hatten. Gut das der Kader nur 13 Mann groß war.

Aus dem letzten Loch pfeifft die Zweite so allmählich. Die Verletzten-/Ausfallliste liest sich wie das »Who is Who« des Aufstiegs 2010/11: Linke, Hoffmann, Kahraman, Emmerling, Hoss, J.Kohl, E.Selk, Rehwinkel. Dazu gesellte sich dann auch noch die Leihgabe aus der Ersten Georg Hubmann und Neuzugang Bo Brandt Stisen. So verblieben 13 Mann, darunter der kränkelnde André Tucic, die sich der Aufgabe »Auswärtssieg« stellten.

Die Gastgeber traten, wie Hansa auch, mit der Empfehlung von zwei Siegen in Folge an. Und so begann die Partie auch mit Vorteilen für Olympia, was nun auch keine Überraschung war, sind die Hanseaten doch auch meist keine Blitzstarter. Bereits nach fünf Minuten signalisierte Kai Schumann, dass sein Rücken rumzickte, schleppte sich aber bis in Minute 17 durch, bevor er einsehen musste, dass es definitiv keinen Sinn mehr machen würde. Kurz zuvor hatten die Hanseaten den ersten Rückstand hinnehmen müssen. Einen langen Ball durch die Mitte versuchte Stephan Kreischer mit dem Kopf zu klären, verlängerte ihn aber unglücklich Richtung eigenes Tor, wo Keeper Lauer sich für ein Zurückweichen, statt zur Flucht nach Vorne, entschloss, was der schnelle CSV-Stürmer Richard Striese mit dem ersten Gegentor bestrafte (16.).

Der Ball weiss es noch nicht, der Selk auch nicht … gleich vergeben die Hanseaten drei Chancen in einer.

Hansa wirkte aber keinesfalls geschockt und wehrte sich. Schon vor dem ersten Gegentor hatte Thomas Schachner eine gute Gelegenheit auf dem Fuss, zielte aber knapp vorbei (12.). Kurz nach dem Rückstand dann die erste richtig dicke Gelegenheit der Gäste. Naja … eigentlich waren es drei Chancen in einer. Erst lenkte der CSV-Torwart einen 23-Meter-Toni-Behrendt-Freistoß-Hammer an die Latte. Der folgende Abpraller landete bei Andreas Selk, der den Ball aus sechs Metern an ein vor der Linie stehendes Abwehrbein schoss. Aber wieder landete der Rebound vor hanseatischen Füßen, doch Thomas Schachner brachte das Kunststück fertig, den Ball aus zwei Metern unbedrängt einen Meter über das Tor zu schiessen. Haareraufen an der Seitenlinie. Doch Hansa blieb dran und so war es Rückkehrer Max Ellner vergönnt den ersten Jubler für die Gäste zu erzeugen. Ein Schussversuch des eingewechselten Rafael Strauss landete in den Füßen von Ellner, der sich den Ball kurz zurechtlegte und dann aus 15 Metern hart flach ins lange Eck vollstreckte (30.). Der verdiente Ausgleich.

Danach verflachte die Partie etwas ohne dabei schlecht zu werden. Trainer Nutsch stand schon mit Getränkehalter in der Hand halbzeitansprachenbereit an der Seitenlinie, als erneut ein langer Ball durchs Abwehrzentrum ausgerechnet den schnellen Kollegen Striese fand, der wieder eiskalt vor dem Tor agierte und Hansa mit einem Rückstand in die Kabine schickte. Tor. Abpfiff. Halbzeit.

Ärgerlich, ärgerlich, aber Hansa nahm sich vor alle verbliebene Kraft in die Waagschale zu werfen.

Wieder kam Hansa schlechter in die Partie als die Hausherren. Doch nach zehn Minuten änderte sich das Bild. Vor allem André Tucic, der trotz eines grippalen Infekts spielte, gewann nun fast jeden Zweikampf und eroberte im Zentrum Ball um Ball. Hansa machte das Spiel, Olympia verlagerte sich aufs Kontern über die schnelle Offensivabteilung.

In der 67. Minute zog Hansa einen Angriff über Rechts bis zur Grundlinie durch, von wo aus Thomas Schachner den Ball hart und flach in die Mitte brachte. Der Ball fand seinen Abnehmer in Andreas Selk, der das Spielgerät aber nicht richtig traf, sondern nur touchierte. Doch ein mitgelaufener Verteidiger hielt freundlicherweise das Knie an die Stelle, wo der Ball auf seinem Weg Richtung Eckfahne vorbeikam und zack war er drin – verdienter Ausgleich, der Zweite.

Wieder drin im Spiel. Alles offen. Aber Hansa hatte an diesem Tag seine masochistische Ader und den Gefallen an aufopferndem Kampf entdeckt. Nach einer Ecke des Gegners fuhr Hansa den Gegenangriff, wurde kurz hinter der Mittellinie jedoch abgefangen und Olympia spielte die schon bekannte Variante »langer Ball ins Zentrum«. Die Protagonisten hießen, wie bei Gegentreffer Nummer 1, wieder Stephan Kreischer und Dirk Lauer. Kreischer rennt, Lauer zögert, Kreischer köpft, Lauer schreit »Torwart«, Kreischer schaut entsetzt, Lauer schimpft, Klink schiebt den Ball ins leere Tor.

Hereinspaziert, wir haben noch Stehplätze zu vergeben.

Jetzt holte Hansa die letzten Energiereserven raus und kam dem Ausgleich sehr nahe (Ellner (80.), Behrendt an den Pfosten (83.)), hatte aber auch Glück, dass Dirk Lauer mit einer guten Parade den Knockout verhinderte (82.). Die Visiere waren längst hochgeklappt. Hansa hatte aus der Vierer- eine Dreierkette gemacht und spielte mit drei Spitzen. Frank »Goldfüsschen« Engel war mittlerweile auch im Spiel, falls es noch einen Freistoß um den Sechzehner geben sollte. Dieser folgte kurz vor Abpfiff, allerdings aus respektablen 35 Metern Entfernung. Engel schnippelte den Ball vors Tor, Ellner gewann das Kopfballduell und leitete weiter zu Schachner, der im Rückwärtssprung und per Bogenlampe zum 3:3 einköpfte. Verdienter Ausgleich, der Dritte und Schluß.

Fazit: Hansa bewies große Moral. Der Punktgewinn war der Verdienst einer mannschaftlich geschlossenen Energieleistung und eines Willens, sich auch an einem Tag, an dem die Defensive mal wackelt, nicht hängen zu lassen. Chapeau. Dank auch an die fairen Gastgeber für ein dramatisches Spiel und den Schiri für eine souveräne Leitung.

 

 

Aufstellung: Lauer – Kreischer, P.Kohl, Strzoda, Meiser – A.Selk, Behrendt (85.Engel), Tucic, Schumann (17.Strauss) – Ellner, Schachner

Tor/e: 1:0 Striese (16.,Linksschuss), 1:1 Ellner (30.,Rechtsschuss,Strauss), 2:1 Striese (45.+1,Linksschuss), 2:2 Eigentor (67.,Knie,A.Selk), 3:2 Klink (72.,Rechtsschuss), 3:3 Schachner (88.,Kopfball,Ellner)

Karte/n: Meiser (gelb/Foulspiel)

Spieler des Spiels: André Tucic – der trotz Krankheit eine unglaublich gute Balleroberung hatte und absoluter Chef im Hansaspiel war.

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