Autor: Steffen Hoffmann
Mehr Spiele, aufgeblähte Turniermodi, mehr Sendeminuten, die Durchkommerzialisierung des Fußballs schreitet stetig voran und nimmt in der letzten Zeit noch einmal deutlich Tempo auf. Der Berliner Fußballverband scheint schon vor Jahren die Zeichen der Zeit erkannt zu haben und richtet in seinen Pokalwettbewerben jedes Jahr erst einmal eine Qualifikationsrunde für die 1. K.O.-Runde aus. Nachdem Hansas Zweite diese Hürde souverän per Freilos gemeistert hat, reiste sie am Sonntag zur Zweitvertretung der VSG Altglienicke und damit zum Tabellenführer der Bezirksliga Staffel 3.
Schon im Vorfeld sorgte diese Partie für Wirbel. Hansa Präsident Haberecht hatte sich die Auslosung des Verbandes bei Facebook im Livestream angesehen (Warum?) und gleich auf eine Inkonsistenz gegenüber dem auf Fussball.de veröffentlichtem Tableau hingewiesen. Dort war von einem Heimspiel und einem weniger starken Gegner die Rede. Was stimmt nun? Die kommenden Tage sorgten für Klarheit. Es geht nach Altglienicke zur Oberligareserve. Hat man eine solche Paarung vor sich ist unweigerlich anzumerken, dass der Pokal seine eigenen Gesetze hat. Dem zum Trotze oder gerade deshalb ist es wichtig bei einem Pokalspielbericht nicht in Phrasen zu verfallen und sich nicht den Floskeln hinzugeben.
In der Vorwoche setzte es eine empfindliche Heimniederlage gegen den FC Kreuzberg in der Meisterschaft. Da das nächste Spiel jedoch immer das schwerste ist, tat man gut daran die Niederlage schnell aus den Kleidern zu schütteln. Das anstehende Pokalspiel bot eine gute Gelegenheit sich mit einer guten Leistung neues Selbstvertrauen zu verschaffen und den Platz wieder erhobenen Hauptes zu verlassen. Trainer Strzoda gab vor, das Heil in der Defensive zu suchen und den Gegner mit einer kompakten Verteidigung vom eigenen Tor fern zu halten (Kabinenansprache Strzoda I). Denn je länger die Null gehalten wird, desto größer wird die Chance für eine Überraschung zu sorgen (Kabinenansprache Strzoda II). Die von zahlreichen Änderungen geprägte Mannschaft formierte sich im 4-1-4-1 System und wurde wieder von Kapitän Stürmer aufs Feld geführt. Aufgrund diverse Ausfälle stand Feldspieler Lohmann im Tor. Außerdem gaben mit Kron, Salih, Sahan und Stölting gleich vier Spieler ihr Pflichtspieldebüt.
Nach dem Anpfiff des umsichtig leitenden Schiedsrichters präsentierte sich Hansa wach und präsent, man könnte auch sagen: sie kamen gut in die Zweikämpfe. Jede gelungene Aktion ließ das Selbstvertrauen der Kreuzberger ansteigen und man wurde das Gefühl nicht los, dass Altglienicke die Partie etwas zu sehr auf die leichte Schulter nahm (nachträglich herbeigewünschte Kabinenansprache Trainer VSG). Hansa spielte gradlinig und suchte den direkten Weg zum Tor. So ergaben sich Möglichkeiten, die freilich auch der Favorit hatte. In der 13. Minute nutze ausgerechnet Debütant Stölting eine davon und verwandelte einen langgezogenen Freistoß, der in den Strafraum segelte. Die Verteidigung um Stürmer und Kron wehrte einige Angriffe der Gastgeber ab und auch Lohmann konnte sich auszeichnen. In der 27. Minute kassierte Hansa dann doch den standesgemäßen Ausgleich. Doch Hansa spielte weiter mutig nach erwischte Altglienicke durch weitere Konterangriffen kalt. Mit 1:1ging es in der Pause. Jetzt schon ein Achtungserfolg.
Die zweite Hälfte stand der ersten in Sachen Intensität in nichts nach. Altglienicke drückte nun auf die Führung und setze Hansa unter Druck. In der 52. Minute belohnten sie sich dafür mit Führungstreffer durch Özcin. Doch auch dieser Treffer zog der Gastmannschaft nicht den Stecker. Es wurde weiterhin beherzt nach vorne gespielt und in der 59. Minuten gelang Niebauer der umjubelte Ausgleich. Einen Distanzschuss konnte der gegnerische Torwart nicht festhalten, woraufhin Niebauer im Stile eines Mittelstürmers abstaubte. Es folgte ein Pfostenschuss von Homberg. Die Partie war mit einem überlegenen Gastgeber und immer gefährlichen Gästen völlig offen. Dies änderte sich in Minute 70 mit einem Elfmeterpfiff des Schiedsrichters. Meyer verwandelte sicher zu erneuten Führung für Altglienicke und verpasste damit Hansas Moral einen deutlichen Treffer.
Damit auch dieses Spiel nur 90 Minuten dauerte spielte die VSG nun konsequent weiter nach vorne und legte in der 72, 73. Und 76. Minute mit Toren nach. Das Spiel war entschieden und das Ergebnis zu hoch. In der 90. Spielminute konnte Lohmann durch einen verwandelten Foulelfmeter ein Stück benötigte Ergebniskosmetik betreiben.
Wie geplant hat Hansa eine deutliche Leistungssteigerung im Vergleich zur Vorwoche vollbracht, kann sich den Mund abputzen oder auch nicht und in jedem Fall mit aufpoliertem Selbstbewusstsein dem anstehenden Spiel gegen Meteor 06 II entgegensehen. Jetzt gilt es gut zu trainieren und den Fortschritt auf dem Platz zu bestätigen. Denn wie wir alle von Thorsten Legath wissen, gilt folgendes: „Die Wahrheit liegt jeden Tag bei 120 mal 65, 90 Minuten, drei Punkte, da kann sich keiner von Freisprechen. Und die Investition der Spieler, die wird am Tage geführt.“