25. Spieltag: SC Berliner Amateure I – FSV Hansa 07 I 2:1 (0:1)
Es frohlockte ein schwarz-gelber Märchensonntag zu werden. Die „Zweete“ untermauerte ihre Aufstiegs- und Meisterschaftsambitionen mit einem dramatischen 3:2 im Vorspiel gegen die Zweite von Berliner Amateure, die zahlreich angereisten Hansa-Fans schwelgten in Glückseligkeit, eine 6-Punkte-Auswärtsfahrt war zum Greifen nahe, Mitkonkurrent NFC hatte tags zuvor verloren, die Sonne schien, Frühling.
Trainer Ilhan hatte wieder einmal umstellen müssen, da Ausfälle von Weikardt, Jeannest de Gyvès und Rauch zu notieren waren. Wichmann und Neubauer saßen verletzungsbedingt auf der Tribüne, Gruhn verletzungsbedingt auf der Bank. Doch wie so oft hatten sich elf tapfere Hanseaten eingefunden, um das schwarz-gelbe Trikot überzustreifen und um einen Auswärtssieg einzufahren. Denn wie in der Spielankündigung beschrieben, sah die FSV Hansa 07 gegen Mannschaften aus dem oberen Drittel immer gut aus.
Von Beginn an war es ein Abtasten der Mannschaften zwischen den beiden Strafräumen. Torschussgelegenheiten blieben Mangelware. Stürmer Ercan „Joe“ Öktem gefiel vorne mit pausenloser Beschäftigung der gegnerischen Abwehrreihe, auf rechts ackerte Thomas „Schachi“ Schachner und hinten stand die 3er-Abwehrkette sicher. Körperbetontes Spiel der Amateure zog Blessuren, einige gelbe Karten und unzureichender Spielfluss mit sich. In der 20. Minute dann ein Ball aus dem Halbfeld den Joe am gegnerischen Abwehrriesen vorbei spielen wollte, dieser aber mit der Hand (am Körper? Videobeweis?!) abblockte, im Nachgestochere aber auf den zweiten Pfosten ging, wo Halil Duman mit seinem unnachahmlichen gazellenartigen Laufstil hinterherrannte bis seine „Hufen“ von hinten getroffen wurden und ihn zu Fall brachten – Elfmeter. Vor der gegnerischen Westkurve behielt Joe die Nerven und verwandelte sicher vom Punkt. 1:0 Hansa – Aufstieg, da simma dabei!
Hansa blieb dran, Joe beschäftigte die Abwehrreihen und es gab u.a. Freistöße rundum den Sechszehner. Einer von diesen zwirbelte Joe mit links über die Mauer, Richtung Tor, unerreichbar für den Torwart – doch ein zarter Frühlingshauch nahm den Ball und ließ ihn gegen das Gebälk klatschen, der Ball tropfte auf (vor, auf, hinter der Linie? Torkamera?! Chip im Ball?!) und das Spiel ging weiter. Bis zur Pause neutralisierten sich beide Mannschaften.
Hansa kam unverändert aus der Pause und das Spiel glich dem aus der ersten Halbzeit. Spiel zwischen den Strafräumen, vereinzelt Freistöße, die mehr oder minder gefährlich waren. In der 58. Minute dann die riesen Chance für Halil Duman, der durch die auf Abseits spekulierende Hintermannschaft durchschlüpfte, den Ball annahm und mit Joe alleine vor dem Torwart stand – Lupfen, tunneln, an der Seite vorbeischieben, auf Joe quer legen – all das was im Training praktiziert wird, endete in dieser Situation mit dem Anschießen des Torwartes. Kein 2:0, Vorentscheidung vertagt, zum Haareraufen. In dieser Phase erlaubte sich ein Amateure-Spieler ein zweites Foul, welches mit einem „Gelbe Karte – Rote Karte – Raus du …“ aus der Hansa-Ostkurve quittiert wurde. Der Schiedsrichter sah das genauso. Elf gegen Zehn, 1:0 vorne, mehr Spielanteile und sicher in der Abwehr – Hansa-Herz was willst du mehr?! Mit diesen Gedanke träumte Hansa von der Rückkehr im Aufstiegskampf (Nachholspiel gewinnen, auf einen Punkt ran an NFC, bevor es in 3 Wochen zum direkten Duell kommt) und vergaß auf einen langen Ball zu schauen, der sich von der Mittellinie langsam Richtung hanseatischem Tor bewegte. Vom Amateure-Stürmer irritiert (Abseits? Linienrichter?!), von der strahlenden Ostkurve geblendet, von einer vermeintlich Bierbecherwerfenden Westkurve eingeschüchtert und an einem sonst für ihn geruhsamen Nachmittag wachte Torhüter Haberecht eine Zehntelsekunde zu spät auf, hechtete den Ball hinterher und fischte den Ball heraus. Der Schiri sah den Ball hinter der Linie (Chip im Ball?! Torkamera?!), 1:1. Noch waren die drei Punkte nicht verloren. Aus den Freiräumen konnte Hansa leider kein Kapital schlagen. Seit dem Platzverweis wirkte die Mannschaft unschlüssig und unkonzentriert, das Spiel nach vorne zerfahren. Durch den Platzverweis und den Ausgleichstreffer beflügelt setzten die Amateure immer wieder Nadelstiche und holten sich Freistöße heraus. Leider auch einen Freistoß namens Strafstoß, weil im Strafraum Jesko Borchert den Stürmer von den Beinen holte und ihn frisches Frühlingsgras schnuppern ließ, sollte den Rückstand bedeuten. Doch Hansa-Keeper Haberecht hat sich die Videoaufzeichnungen von Zweete-Torhüter Rico Selk angeschaut (Anm. d. Red.: Rico hielt auf gleichem Platz zwei Elfmeter zwei Wochen zuvor), wehrte den Elfer ab und der Dreier war wieder drin. Wenig später wurde ein weiterer Eckball lang auf den zweiten Pfosten geschlagen, wo sich kein Hanseat für den Amateure-Stürmer zuständig fühlte und dieser vor der heimischen Westkurve den Ball in die Maschen drosch, 1:2 aus Hansa-Sicht. Bitter. Doch noch waren 10 Minuten zu spielen, man hatte einen Mann mehr und der Fan-Block trieb die Mannschaft unermüdlich an.
Wie gerne könnte jetzt hier geschrieben stehen…
„Hansa drehte das Spiel innerhalb von fünf Minuten vor der eigenen Kurve. Unglaubliche Szenen spielten sich für ein Kreisliga A Spiel ab. Ausrastende Zuschauer, ausrastende Spieler, ein einziger Jubelorkan in schwarz-gelb, und als dann noch „You`ll never walk alone“ angestimmt wurde, entwickelte sich eine Gänsehaut- Atmosphäre wie sie nur an der Anfield Road oder am Millerntor zu finden ist. Ein Moment auf alle Ewigkeit eingefressen ins schwarz-gelbe Gedächtnis.“ (Youllneverwalkalone)
Copy&Paste kann in diesem Fall nicht angewendet werden, denn überhastete Aktionen, zu ungenaue Pässe auf müde Spieler und wenig Torgefahr konnten die Niederlage nicht verhindern. Haberecht wahrte mit einer guten Parade die Punktechance. Ende – Aus – vorbei der Traum, das Frühlingsgefühl, der Aufstiegskampf, Enttäuschung pur. Mit hängenden Köpfen schlich man zur Ostkurve und bedankte sich bei den pausenlos anfeuernden Hansa-Fans, wohlwissend dass hier mehrere für Hansa sprechende Faktoren leichtfertig vergeben wurden.
Fazit: Was bleibt festzuhalten: Hansa sah gegen den Tabellenführer lange Zeit gut aus, verpasste wie so oft die Vorentscheidung, enttäuschte sich selbst, den Trainer und die mitgereisten Fans und verspielte sich die Rückkehr in den Aufstiegskampf. Die Abwesenheit von Jörg Weikardt wirkte sich leider gravierend aus, da er im Duett mit Joe die sehr anfällige Abwehrreihe der Amateure sicherlich des Öfteren vor Problemen gestellt hätte.
Der Tag der schwarz-gelben Entscheidungen war für die Erste ein bitterer, während die Zweete und die Borussia aus Dortmund Big-Points in Sachen Meisterschaft feiern konnten. Nicht alles Schwarz-Gelbe blüht im Fußballfrühling auf.
„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
durch des Frühlings holden belebenden Blick,
im Tale grünet Hoffnungsglück;“
(JWvG: „Osterspaziergang“)
Vom Aufstiegsgespenst befreit sind nun die Hansa-Spieler, nach der Osterpause kann nun wahre Fußballkunst zelebriert werden und die Trainingsinhalte von Trainer Ilhan umgesetzt werden. Ob Platz 3 oder 4 noch möglich sind, hängt von der Einstellung der Mannschaft ab. Kreisliga A wird auch nächste Saison Hansa wieder begrüßen – ein neuer Anlauf.
Aufstellung: Haberecht – Borchert, Kökyaprak, Vissers – Büchner, Niehoff, Duman (74.Hubmann) – Schachner, Golenia, M.Bektas (85.Gruhn) – Öktem
Tor/e: 0:1 Öktem (20.,Linksschuss,FE,Duman), 1:1 (72.), 2:1 (80.)
Gelbe Karten: Öktem (zu dicht bei der Freistoßausübung), Kökyaprak (Schiedsrichterkritik), Büchner (Foul)
Spieler des Spiels: Der „12. Mann“ in der schwarz-gelben Ostkurve: lautstark, alkoholisiert und sonnengebräunt über 105 Minuten.
(Autor: Stefan G.)
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