Fumi & Helio sitzen mir gegenüber. Wir hatten gerade das erste Training der Saison absolviert und haben für unser Interview an den Tischen neben dem Hansa-Kunstrasen, auf denen ein Schachbrettmuster eingelassen ist, Platz genommen. Vor wenigen Minuten fand noch reger Trainingsbetrieb statt, der von fast 50 Leuten bestimmt wurde. Nun ist es ganz still…
Eure Gesichter sind relativ neu bei Hansa und viele von uns kennen euch noch gar nicht. Würdet ihr euch bitte kurz vorstellen und was verbindet euch mit dem Fußball?
Helio: Ich bin seit ca. 1993 in Deutschland und bin Anfangs hier hergekommen um zu studieren. Thübingen war der Ausgangsort meines ersten Studiums – Wirtschaftswissenschaften. Danach hatte ich einen Studienplatz in Köln erhalten, wo ich Musik studierte.
Ursprünglich komme ich aus Rio de Janeiro und bin wie fast alle Brasilianer fußballverrückt. Ich hatte lange Zeit zu Hause auf Semi-professionellem Niveau gespielt ehe ich nach Deutschland gezogen bin. Hier hatte ich relativ schnell eine Mannschaft in Süddeutschland gefunden, in der ich mein Interesse nachgehen konnte. Das ging eine Zeit lang gut, bis ich mich zwischen Fußball und dem Studium entscheiden musste. Ich hatte mich für letzteres entschieden.
Dennoch ist Fußball und Musik für mich das Selbe. Ich bin geborener Komponist. Wenn ich z.B.: ein Orchester zusammenstelle, habe ich 113 verschiedene Personen, die zusammen ein Musikstück spielen sollen. Dafür muss ich alle Beteiligten kennen und wissen, wie technisch gut sie sind und was sie können. Und genau so verhält es sich beim Fußball, wenn wir über die Aufstellung einer Mannschaft sprechen. Man muss ganz genau wissen, was der Spieler kann. Wer spielt die erste Geige? Wen stelle ich im Sturm auf? In welcher Situation muss der Kontrabassist wie spielen? Gebe ich meinem Rechtsverteidiger eine spezielle taktische Anweisung die er ausführen kann? Das sind Fragen, die für mich einhergehen.
Fumi: Ich bin 34 Jahre alt und lebe seit 2006 in Berlin. Bei einem Spanien-Urlaub habe ich meine jetzige Frau kennengelernt, die aus Berlin kommt. Wir kannten uns schon zwei Jahre ehe ich nach Deutschland gezogen bin. In meiner Anfangszeit in Berlin hatte ich bei dem Verein Türkyemspor mittrainiert, der damals in der Oberliga gespielt hatte. Nach kurzer Zeit hatte ich die Möglichkeit ein Probetraining beim SC Paderborn 07 zu absolvieren, der in der 2. Bundesliga in Deutschland spielte. Das Probetraining verlief sehr positiv und so kam ich zu meinem ersten Arbeitgeber in Deutschland.
Fumi, viele von uns wissen, dass du im Profibereich tätig warst. Wo hattest du überall „gekickt“?
Ich hatte in den ersten Ligen in Tschechien, Brasilien und in verschiedenen asiatischen Ländern gespielt. In England hatte ich in den ersten drei Ligen gespielt, unter anderem bei Crystal Palace und Newcastle United.
Ihr beide seid Brasilianer. Kanntet ihr euch schon vor Deutschland aus der Heimat, oder habt ihr euch erst hier kennengelernt?
Fumi: Wir haben uns beim Futsal, für Brasilianer eine typische Art des Hallenfußball, hier in Berlin kennengelernt.
Was waren bisher eure größten Erfolge im Fußball aus subjektiver Sicht?
Helio: Als ich in Stuttgart war, hatte ich in der Regionalliga bei TV Derendingen gespielt. Wir hatten ein Spiel gegen Reutlingen die kurz vor dem Aufstieg standen und die von Michael Frontzeck trainiert wurden. Später stieg Reutlingen unter Michael Frontzeck noch einmal auf. In diesem schweren Spiel konnte ich persönlich eine sehr gute Leistung abrufen und würde es daher als größten Erfolg meines Fußballer-Daseins einordnen.
Fumi: Die schönste Erfahrung, die ich gemacht habe, war in der ersten Liga in England. Selbst dabei zu sein, zu Wissen, dass man es geschafft hat und dann die Atmosphäre in den Stadien….. Das waren Momente, die einzigartig waren und die ein wunderbares Gefühl freigesetzt hatten. Ich habe jede Sekunde davon genossen. Selbst wenn ich eingewechselt wurde, hatte mich nicht interessiert wie viele Minuten ich noch spielen werde. Für mich war der Moment entscheidend.
Hansa ist ein Verein, bei dem viele Fußballverliebte verschiedenster Nationalitäten zusammenkommen. Wie habt ihr zu Hansa gefunden?
Fumi: Ich habe einen Verein gesucht, bei dem ich im Jugendbereich tätig sein wollte. Meine Frau kannte Hansa und hatte mir vorgeschlagen mich hier nach einem freien Jugendtrainerposten zu erkundigen. Dem ging in nach und so landete ich als Trainer bei der C-Jugend.
Helio: Ich kannte Fumi damals schon, und als er wusste, dass er die C-Jugend trainieren wird, fragte er mich, ob ich ihm helfen möchte. Ich sagte ja. Seit dem arbeiten wir als Trainergespann zusammen.
Ihr kennt die erste Herrenmannschaft von Hansa aus den letzten paar Spielen der abgelaufenen Saison. Welches Potenzial steckt in der Mannschaft?
Fumi: Die Mannschaft hatte in den letzten Jahren immer Plätze im oberen Drittel der Tabelle. Das ist eine gute Leistung. Aber andererseits hatte es dann für ganz oben doch nicht gereicht. Was mir dabei auffiel ist, dass es an Kommunikation in allen Richtungen in der Mannschaft fehlt.
Ich glaube, dass die Mannschaft das nötige fußballerische Potenzial hat um aufzusteigen. Wir müssen aber an der Kommunikation arbeiten. Nicht nur an der mannschaftsinternen Kommunikation, sondern auch an der Verständigung zwischen den Mannschaften, dem Vorstand und den Trainern. Diese Kommunikation muss in allen Richtungen und auf gleicher Ebene passieren.
Anfangen wollen wir damit, dass wir bestehende Hierarchien aufbrechen: Es wird keine erste und zweite Mannschaft mehr geben – aus hierarchischer Sicht. Ein gewisser Kern, zu dem alle Spieler aufschauen, soll jede Mannschaft haben. Aber ob dann ein Spieler in der ersten oder zweiten Mannschaft spielt, werden wir entscheiden. Diese Entscheidungen werden wir kurzfristig treffen.
Ich habe noch drei kurze Fragen, die dieses Interview abschließen sollen.
Welche Trainertypen seid ihr?
Beide schauen sich an, fangen an zu schmunzeln, wenden den Blick wieder mir zu und Fumi antwortet: Wir sind flexibel!
Saisonziel?
Fumi: Wir wollen, dass die Mannschaft will, dass sie den Aufstieg will!
4-4-2, 4-2-3-1 oder 3-5-2; Welche Aufstellung preferiert ihr?
Fumi: Wir sind elf!
Danke für das Interview!
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