Von: Enrico Selk
Unser Platzwart Jacob steht am Beginn seiner zweiten Saion bei Hansa. Für uns ein gute Grund, ihm endlich mal einen Artikel zu widmen und Jacob näher vorzustellen. Er hat nämlich ganz schön was zu erzählen, unser fleißiges Bienchen.
Lieber Jacob, du stehst jetzt vor deiner zweiten Saison bei Hansa, aber so richtig viel wissen wir von dir noch gar nicht. Vielleicht kannst du uns kurz etwas über dich erzählen. Erzähl uns vielleicht auch was über deine Familie.
Ich bin 25 Jahre alt und ich komme aus Afghanistan, aus der Stadt Ghazni. Meine Familie lebt im Iran.
Wo liegt Ghazni in Afghanistan?
Sie liegt im Osten in Afghanistan in der Nähe zu Pakistan und hat ca. 145.000 Einwohner.
Was ist der größte Unterschied zu Kreuzberg/Berlin?
Ghazni ist eine kleine Stadt. Der größte Unterschied ist, dass wir keinen Strom und keine öffentlichen Verkehrsmittel haben. Es gibt sehr viele Unterschiede, eigengtlich alles was möglich ist.
Ist Jacob ein typischer Name in deiner Heimatregion? Er klingt eher europäisch.
In Afghanistan heißen viele Leuten Jacob aber sie sprechen es anders aus, eher wie Yàghoob.
Hat der Name eine spezielle Bedeutung in Afghanistan?
Er ist einer der Propheten im Islam.
Das ist ja interessant. Gibt es noch andere Namen, die es in Afghanistan UND in Deutschland gibt? Ist dir da was aufgefallen?
Leider fällt mir da gerade keiner ein.
Wann bist du nach Deutschland gekommen?
Ich bin am Ende Oktober 2010 nach Deutschland gekommen.
Wie wurdest du in Deutschland aufgenommen?
Es war ok. Die Leute waren nett. Ich musste die ersten Monate in der Erstaufnahmeeinrichtung Motardstraße verbringen, dort habe ich aber einige Freunde kennengelernt.
Wie verlief die Reise?
Ich musste wegen den Taliban Afghanistan verlassen und konnte auch nicht zurück nach Iran, wo ich geboren bin. Mit Schleppern bin ich dann über die Türkei, Griechenland, Italien, Frankreich, Belgien, Dänemark nach fünf Monaten in Deutschland angekommen. Der Weg war sehr schwer ich musste mich vor der Polizei verstecken, hatte kein Geld für essen, musste auf der Straßen schlafen, habe mich in einen Container auf einem Schiff versteckt und hatte keinen Kontakt zu meiner Familie.
Das war sicher hart für dich, so lange ohne Kontakt zu deiner Familie. Telefonierst du oft mit ihnen oder hast du sie vielleicht sogar schon mal wieder gesehen?
Ja, ich war 2014 im Iran für drei Wochen und werde dieses Jahr wieder hinfliegen. Außerdem spreche in regelmäßig über das Internet mit ihnen.
Wie kommt es, dass du in Iran geboren bist, aus Afghanistan fliehen musstest und deine Familie noch in Iran lebt? Hast du alleine in Afghanistan gelebt?
In den 80er Jahre sind meine Eltern wegen dem Krieg nach Iran geflohen. Dort war es am Anfang ok für afghanische Flüchtlinge, sie wurden gut aufgenommen, konnten arbeiten und zur Schule gehen. Aber seit etwa 10 Jahren sind Afghanen nicht mehr willkommen im Iran und werden zurück nach Afghanistan abgeschoben. Ich wurde 3mal abgeschoben und habe immer wieder versucht, nach Iran zu kommen. Beim letzten Mal hatte ich aber viele Probleme mit den Taliban und ich bin dann gegangen.
Wo in Deutschland bist du angekommen und wie/warum bist du dann nach Berlin gekommen?
Ich bin in Oldenburg angekommen und die Polizei hat mich dann nach Berlin geschickt
Gab es bei all den Entbehrungen und der ständigen Gefahr auch schöne Momente? Besondere Menschen, die dir geholfen haben oder andere Geflüchtete, die vielleicht Freunde wurden auf der Reise?
Ich erinnere mich an einen Mann in einer Moschee, der mir Geld gegeben hat, damit ich mir etwas zu essen kaufen kann. Auch war es bei der Polizei in Italien ganz „witzig“. Wir haben kein Wort verstanden und sie haben immer nur Pizza gesagt, wir dachten sie wollten uns wieder nach Pisa bringen und haben immer nein gesagt. Am Ende haben wir dann verstanden, was sie meinten – es war sehr lecker J
Wie bist du auf Hansa aufmerksam geworden? Und warum hast du dich, obwohl du im Wedding wohnst, bei Hansa als Platzwart beworben?
Ich bin seit 2012 bei CHAMPIONS ohne GRENZEN aktiv. Erst als Spieler, jetzt auch als Trainer. Und die CHAMPIONS spielen jeden Mittwoch bei Hansa 07 auf dem Platz. Daher kenne ich Hansa sehr gut und kannte auch Fritz und was er so als Platzwart gemacht hat. Außerdem brauchte ich einen neben Job am Wochenende, weil ich während der Woche eine Ausbildung mache.
Das ist ja toll, du machst bereits eine Ausbildung? Wo denn und zu was?
Ich mache gerade eine Schulische Ausbildung in OSZ-IMT in Neukölln. Als Technischer Systemplaner.
Fühlst du dich in der Hansa-Familie gut aufgehoben?
Ja, ich fühle mich sehr wohl, alle sind sehr nett zu mir.
Was freut uns natürlich zu hören. Aber du leistest ja auch sehr gute Arbeit bei Hansa. Jedenfalls sagen das alle. Was lief bisher nicht so gut? Beeinträchtigt die aktuelle Situation mit der blockierten Halle 1 und den wenigen Umkleiden deine Arbeit stark?
Die Situation mit der Halle ist etwas schwierig: ich muss mit nur einem Schlüssel hin und her laufen, manchmal beschweren sich die Gästeteams
Vielleicht wäre ein Hansa-Fahrrad dann hilfreich, damit du schneller bist. 😉
JA, das wäre toll.
Gibt es auch Mannschaften, die Situation mit der Halle akzeptieren bzw. Verständnis für die Situation haben?
Ja, für einige Teams ist es ok und sie nehmen ohne große Worte ihre Sachen mit und meckern nicht rum.
Zu Beginn deiner Zeit bei Hansa musstest du jeden Spieltag die Holzbänke auf den Platz bringen. Was sagst du zu den neuen Ersatzbänken?
Die sind toll. Seit dem sie stehen kann ich jedes Wochenende 15 Minuten länger schlafen. 😉
Spielst du selbst eigentlich auch Fußball? Und wenn ja, warum dann noch nicht bei Hansa?
Nein, ich habe leider keine Zeit.
Wie bist du als Trainer? Ein harter Typ, wie Felix Magath, ein Motivator wie Jürgen Klopp oder ein Taktikfuchs wie Pep Guardiola?
Eher wie Zidane – Nachwuchstrainer mit Erfolg
Hast du vor, auch eine Trainerlizenz zu machen? Oder hast du sogar schon eine?
Ja wenn ich Zeit habe vielleicht
Übst du sonst noch irgendeinen Sport aus?
Nein.
Hast du noch andere Hobbies?
Mit Freunden Fußball gucken
Welche Pläne hast du für die kommenden Jahre?
Ich hoffe meine Ausbildung erfolgreich abzuschließen.
Dafür drücken wir dir auf jeden Fall die Daumen.