16. Spieltag: FSV Hansa 07 II – SV Berliner VB 49 II 2:0 (0:0)
05. Februar, 10.15 Uhr, Außentemperatur -10°C:
„Ich muss nur noch schnell Nummernschilder tauschen, dann kann‘s losgehen“, sagte McBain und grinste schelmisch. Die Anspannung stand allen Beteiligten ins Gesicht geschrieben: „Was, wenn‘s so läuft wie letzte Woche? Was, wenn wir wieder auf die Mütze bekommen?“
Was wie der Beginn eines Roadmovie mit latent kriminellen Hauptakteuren klingt, war in Wirklichkeit der Beginn einer dieser vermeintlich typischen Auswärtsfahrten der zweiten Mannschaft von Hansa 07. Vermeintlich, weil es sich eigentlich um die Fahrt zur temporären Heimspielstätte auf der Halbinsel Alt-Stralau handelte, da der Kabinentrakt der Hanseaten einer spontanen Selbstenzündung der Elektrik zum Opfer fiel (Selbstverständlich ermittelt der Verfassungsschutz, schließlich wird dem Verein eine gewisse Nähe zum linken Spektrum nachgesagt.) Umweltbewusst wie die Hanseaten nun mal sind, besitzt kaum jemand von ihnen ein Auto. Somit glich es einer logistischen Meisterleistung, Spieler, Trainer und Trikots pünktlich auf die verkehrtechnisch ungünstig gelegen Halbinsel Alt-Stralau zu befördern.
11.15 Uhr, Alt Stralau:
„And when the rain begins to fall, I can see the sunshine in your eyes ….“ Die Stimmung in der Kabine war prächtig als McBain seinen Fahrservice beendet hatte und die Kabine betrat. Nichts mehr von Anspannung zu spüren. Man(n) flachste, feixte und diskutierte eifrig, ob es regelkonform ist, lange weiße Trikots unter kurzen gelben zu tragen. Man beschloss einstimmig, dass aufgrund der niedrigen Temperaturen alles regelkonform ist, was warm hält. Welch ein Trugschluss, wie sich später herausstellen sollte.
11.30 Uhr:
Die Offiziellen gaben den Platz zum Spiel frei. Freudiges Grinsen bei Dober-Bain, dem hanseatischen Torwartduo. Lediglich der Platzwart schien nicht so ganz begeistert und weigerte sich prompt, die Linien vom Schnee zu befreien. „Dit darf ick nich“ waren seine knappen Worte. Schlafwandlerisch, ohne hinzusehen (er schien diese Bewegung schon hundertemale durchgeführt zu haben) griff er zum Besen und drückte ihm dem verdutzt dreinblickenden Dobermann in die Hand. Und während dieser begann wie der tasmanische Teufel um den Platz zu wirbeln, stapfte McBain durch den 16’er, testete Multinoppen-, Stollen- und Multinoppen-Stollenschuhe. Schließlich galt es optimale Traktion herzustellen.
12.00 Uhr:
„Die Mütze muss runter“ sagte der Schiedsrichter. „Ohrenwärmer sind erlaubt, Schal auch, aber keine Mützen.“ (so viel zum Thema Regelkonformität) Die Worte des Schiedsrichters sorgten für einige verstörte Blicke. Die Selk-Brüder nahmen widerwillig die mollig warme Kopfbedeckung von ihren Quadratschädeln um kurz darauf festzustellen, dass es bei Temperaturen von -10 Grad nur wenige Minuten dauert, bis nasse Haare gefrieren. Spliss und Haarbruch sind da natürlich vorprogrammiert. Von der drohenden Erkältung ganz zu schweigen. Neidisch blickte McBain auf Meisers Haarpracht und fragte sich, wie warm es darunter wohl sein möge und ob man bei diesen Temperaturen einen besonderen Conditioner braucht um den Glanz zu erhalten.
12.05 Uhr: Anpfiff!
In der Kabine hatte Teamchef Nutsch die Marschroute vorgegeben, den Gegner schnell und frühzeitig unter Druck zu setzen um den schwarzen Peter des schwierigen Untergrunds direkt dem Gegner zuzuschieben. Leider klappte selbiges nicht besonders gut. Das Zuschieben vor der Mittellinie war zu zaghaft und nicht konsequent genug, weshalb der Gast wenig Probleme hatte, die rote Kugel in Hansas Hälfte zu bugsieren. Hier trafen Sie jedoch auf die (zumindest in Punktspielen) wiedermal äußerst stabile Abwehr der Hanseaten, die mit dem Untergrund, bis auf einige Wackler, keinerlei Probleme hatte.
Bis auf ein Schüsschen war dementsprechend für McBain auch nichts zu tun in Halbzeit 1. So blieb genug Zeit für die Lieblingsbeschäftigung, schneefreie Areale im Strafraum schaffen auf denen optimaler Halt gewährleistet ist. Er betrieb dies fast obsessiv, da eine der ersten Kombinationen der Gäste, vorgetragen durch das Zentrum und von überraschender Passsicherheit geprägt, im Strafraum endete und McBain bei Herauslaufen erschreckend feststellte, dass er roadrunnergleich auf der Stelle trat, während seine Beine bereits eine rotierende Scheibe ergaben.
Die Angriffe der Hanseaten hingegen wurden vornehmlich über die linke Angriffsseite vorgetragen. Die Achse Selk-Ellner-Kahraman sorgte hier immer wieder für ordentlich Druck, wobei es beim finalen Pass immer wieder an Präzision mangelte. So verpufften ein ums andere Mal vielversprechende Angriffe. So auch in Minute 30 als Ellner Kahraman bediente, dieser so lange verzögerte bis Selk links in Position war um eine vielversprechende Flanke in den Strafraum des BVB zu schlagen. Diesmal stimmte die Präzision. Was aber fehlte war ein Mitspieler, der bereit war, den Weg in den Strafraum der Gäste anzutreten und den Ball über die Linie zu befördern. Die zornesröte stieg ihm ins Gesicht und wenn McBain die Fläche, auf der er Stand nicht gerade vom Schnee befreit hätte, die gestiegene Körpertemperatur hätte dies ohne weiteres geschafft. Kurz darauf folgte dann die größte Chance der ersten Halbzeit: Kahraman wurde im Strafraum frei gespielt, nimmt sich kurz Zeit, die Kugel unter Kontrolle zu bringen und zieht ab. Einige Hanseaten haben bereits den Torschrei auf den Lippen. Wer Kahraman kennt, der weiß wie gnadenlos er im 1 gegen 1 sein kann. McBain kann ein Lied davon singen. Aus diesem Grund bleibt auch ihm der Torschrei im Halse stecken als er sieht, dass der gute Gästekeeper den zentral platzierten Schuss pariert.
12.50 Uhr: Halbzeit!
13.00 Uhr: Hoffmann irrt über die verschneite Halbinsel Alt-Stralau und findet den Platz nicht, richtet sich bereits auf eine Nacht im Freien ein. Unzählige Folgen „Bear Grills – Alleine in der Wildnis“ hat er nicht bloß gesehen, er hat sie studiert. Das könnte sich endlich auszahlen. Linienrichter Fischer schaltet sein Headset doch noch auf Handybetrieb und nimmt ab. Einfach gerade aus und dann auf der rechten Seite. Nochmal gut ausgegangen. Hoffmann erreicht die Sportanlage Alt-Stralau pünktlich vor Anpfiff der 2. Halbzeit. Nichts verpasst, Spielstand 0:0.
Die Teams befinden sich noch in der Kabine. Hoffmann nutzt die Zeit um sich mit den Platzverhältnissen vertraut zu machen, und für ein Gespräch mit den Zuschauern. Die Stimmung einfangen. Keeper Lauer, stark auf der Linie, zeigt seine Qualitäten heute einmal anders, exakt zieht er die Straufraumbegrenzung mit einem Besen nach. Das verschneite Geläuf ist bestmöglich präpariert für die zweite Spielhälfte. Der Schiedsrichter führt die beiden Teams zurück auf den Platz. Durch geschicktes Nachfragen erfährt Hoffmann das Hansa bislang die bessere Mannschaft war, allerdings fehlt das Tor. Auf dem vereisten Platz scheint Fußball spielen kaum möglich, was kann man tun? Marcel Schmelzer verpflichten, oder Langholz nach vorne. Trainer Nutsch hat da noch eine weitere raffinierte Alternative, er wechselt Offensivspieler Hubmann
ein. Der Mann ist Österreicher, quasi mit Schnee aufgewachsen. Dieser Schachzug sollte schnell Wirkung zeigen. Hubmann belebt die rechte Außenbahn mit starken Aktionen, gemeinsam mit dem ebenfalls eingewechselten Helleberg. Die neue Achse macht Dampf.
Hansa gibt gleich den Ton an, versucht immer wieder Angriffe aufzuziehen. Doch die Passgenauigkeit leidet. Wetter! An der Außenlinie diskutieren die verletzten Hanseaten mit den übrigen Zuschauern über alternative Spielformen. Hoffmann versucht Feuer in die Diskussion zu bringen und behauptet das „Tiki Taka“ habe sich ohnehin abgenutzt, Barcelona bald weg von Europas Spitze. Linke und Tucic nicken, nennen mögliche Nachfolger, Hearts of Midlothian, Djneprpetrovsk. Das Spiel wird rauer. Größtenteils unabsichtliche Grätschen ziehen viele Fouls nach sich. A. Selk räumt seinen Gegenspieler beherzt beiseite, Schneegestöber. Doch schon Manni Breuckmann weiß: „Blutgrätsche ist gefährlich, Schneegrätsche, sieht gut aus.“. Der Schiedsrichter ahndet die Aktionen jeweils regelkonform mit Freistößen und der ohnehin kaum vorhandene Spielfluss wird weiter gebremst. Doch die Gastgeber suchen unbeeindruckt die Offensive, lassen in Folge allerdings auch vermehrt größere Löcher im Mittelfeld entstehen. Die Gäste legen den Finger genau in die Wunde und reißen die Hansa-Abwehr mit steilen Digonalpässen auf (Kretsche, diago!), können die Aktionen allerdings nicht vernünftig zu Ende führen. Die umsichtigen Innenverteidiger Schachner und Strzoda sind im letzten Moment dazwischen. Trainer Nutsch reagiert erneut und bringt Neuzugang Labude für Janschke in die Partie er rückt neben Strzoda in die Innenverteidung. Schachner vorne rein, einheizen! Wiedermal eine geschickte Maßnahme des Übungsleiters. Ein wohltemperierter Pass erreicht Schachner im Strafraum. Der fackelt nicht lange und zieht ab. Der Torhüter kann zunächst retten, allerdings nicht verhindern, dass der Ball quer durch den Strafraum segelt. Alpen-Maradona Hubmann antizipiert die Situaition schulbuchmäßig („Da könnte ja einer kommen, da lüfte ich den Colt schon mal an“), Kopfball, Tor, endlich. Der erlösende Führungstreffer lässt die Spieler und Zuschauer jubeln. Hoffmann versucht Kloppo-Jubelgesten, ausbaufähig.
Die Hanseaten lassen den Fuß nun weiter auf dem Gas und suchen den Zweiten Treffer. Das sollte sich auszahlen, Ellner bringt den Ball zu Schumann, der haut das Leder mit Links aus 18 Metern wunderbar ins lange Eck zum 2:0. Hoffmann will sich beim Jubeln variantenreich präsentieren und versucht nun die kloppsche „Säge“. Besser vorher vor dem Spiegel üben. Jetzt wo der Sack eigentlich zu scheint, spielen die Gäste plötzlich nach vorne. Doch der Schnee macht es schwierig die Bälle korrekt zu klären. So ergeben sich viele Einwürfe und Eckbälle. Eine Ecke segelt gefährlich in den Hansa-Strafraum, Kopfball, doch ein Abwehrbein verhindert den Anschlusstreffer auf Kosten eines weiteren Eckstoßes. Der Ball schwebt erneut hoch in den Strafraum, Torhüter Selk eilt heraus. Hoffmann weiß: „Wenn er raus kommt muss er ihn haben.“, so ist es. In den verbleibenden Minuten kann der BVB 49 keine weiteren Aktionen mehr vor das Tor von Hansa 07 bringen. Das Spiel endet mit einem verdienten 2:0 Heimsieg und lässt die Wrangel-Kicker erfolgreich in die Rückrunde starten. „Aber wie komme ich jetzt wieder nach Hause? Einfach links und immer geradeaus?“
(Autorenduo: McBain-Hoffel)
Aufstellung: E.Selk – A.Selk, Strzoda, Schachner, Meiser (46.Helleberg) – Ellner, Behrendt, Schumann, Hoss (46.Hubmann) – Kahraman, Jaschke (65.Labude)
Tor/e: 1:0 Hubmann (75.,Kopfball,Schachner), 2:0 Schumann (78.,Linksschuss,Ellner)
Karte/n: Hubmann (gelb/Foulspiel), E.Selk (gelb/Reklamieren), Kahraman (gelb/unsportliches Verhalten)
Spieler des Spiels: Georg Hubmann. Zeigte sofort, warum es bei solchen Witterungsbedingungen von absolutem Vorteil ist, einen schneefesten und -erfahrenen Österreicher im Team zu haben. Er kam, machte enorm Dampf und befreite die Mannschaft mit dem 1:0.
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