21. Spieltag: FC Brandenburg II – FSV Hansa 07 8:2 (2:1)
Welch ein Ergebnis. Nur eine Woche nach dem überzuegenden 5:0 gegen Helgoland leistet sich Hansa einen fatalen Blackout. Immerhin, Mannschaftskapitän Schachner und Torwart R. Selk stehlen sich nicht aus der Verantwortung und berichten dem interessierten Publikum tapfer, woran es gelegen hat.
Grasidiphobie, die; -, …ien <griech.> (Med. krankhafte Angst vor Gras)
von Thomas Schachner
Epizentrum dieser sich rasend verbreitenden psychischen Störung (Grasidiphobie) ist die naturrasenfreie Zone rund um die Wrangelritze im Bezirk Kreuzberg. Am Sonntag waren die Auswirkungen dieser Krankheit auf einem holprigen Naturrasen beim Auswärtsspiel der Kreuzberger bei Brandenburg 03 zu beobachten. Folgende Symptome konnten festgestellt werden: Zweikampfschwäche, Lethargie und fehlende geistige Frische.
Soweit das medizinische Bulletin, die harte Fakten lesen sich noch viel ernüchternder. Nachdem letzte Woche noch die Überschrift des Spielberichts „Höchster Sieg der Saison!?“ lautete, muss man nicht über prophetische Fähigkeiten à la „Next Uri Geller“ verfügen, um die eigentliche Überschrift über diesen Spielbericht zu erraten. Mit dem Elan aus den letzten drei guten Auftritten wollte man endlich mal wieder 3 Punkte auf fremden Platz einholen. Dementsprechend schwungvoll trat Hansa auch die ersten 20 Minuten auf. Man hatte den Gegner klar im Griff und war in der Lage, einige vielversprechende Angriffe zu starten. Zwar zeichneten sich schon zu Beginn gewisse Abstimmungsschwierigkeiten zwischen Abwehr, Mittelfeld und Angriff ab, doch Hansa dominierte das Spiel. Nach einem Foul an Halil Duman war es Jörg Weikardt, der sich den Ball zurechtlegte und den fälligen Freistoss aus 18 Metern in den linken Winkel zwirbelte. 1:0 für Hansa und die Mannschaft wollte mehr. Eine schöne Kombination landete schließlich bei Ferdi Sarikurt, der allerdings 11 Meter vor dem Tor leicht in Rücklage geriet und den Ball knapp übers die Latte setzte.
Noch war von Grasidiphobie nichts zu spüren, doch wurden ab der 25. Minute die Symptome deutlich spürbar. Ein Spieler der Gastgeber setzt sich leicht und locker gegen 2 Hansa-Spieler durch, schlägt eine völlig missratene Flanke auf seinen Mitspieler, der diese kurz vor der Torauslinie stoppen und kunstvoll von dort den Ball ins Tor bugsiert Ein Produkt von mehreren Fehlern in der Hansa-Mannschaft. An diesem Tor zeigte sich das große Manko von Hansa 07 an diesem Tag, die Lücken zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen waren viel zu groß. Pressing und schnelles Verschieben? Fehlanzeige! Und so war es wenig verwunderlich, dass der nächste Treffer wieder durch einen groben Fehler in der Hintermannschaft begünstigt wurde. Nach einem Freistoss gingen gleich drei(!) Hansaspieler zum Kopfball und man muss nicht Atomphysiker oder Rechengenie sein, um festzustellen, dass wenn drei Mann zum Ball gehen eventuell Spieler der generischen Mannschaft im Strafraum frei stehen könnten. Ergebnis dieser simplen Rechnung mit drei Variablen war das 2:1 durch den Spielführer von Brandenburg 03, der an diesem Tag den Part von Jörg Weikardt aus dem Spiel eine Woche zuvor übernehmen sollte und den Ball aus 10 Metern gekonnt über den chancenlosen Rico Selk ins Tor lüpfte. Mit diesem Ergebnis ging es in die Halbzeitpause, in der Hansa sich vornahm, dieses Spiel noch mal umzubiegen.
Anspruch und Realität lagen aber leider an diesem Tag so weit voneinander entfernt wie Akgün Akdogan von einer Dauerwellenfrisur. Die Geschichte der 2. Halbzeit ist schnell erzählt – eine Chronologie der Blamage:
3:1 (52. Minute) – Schachner spekuliert auf Abseits der Schiri spekuliert auf seinen Bauch und der Spielführer sagt Danke und schiebt den Ball ins lange Eck.
4:1 (60. Minute) – Die Abwehr spekuliert auf Abseits der Schiri spekuliert immer noch auf seinen Bauch. Der Spielführer sagt schon wieder Danke und hebt den Ball über Rico Selk ins Tor.
5:1 (66. Minute) – Keine Ahnung hab ich verdrängt, aber der Spielführer war wieder dankbar und lüpft ihn wieder ins Tor.
6:1 (75. Minute) – Lasst mich mal überlegen, ne, auch verdrängt aber Überraschung der Spielführer sagt vielen Dank.
7:1 (80. Minute) – Ich hab immer noch Amnesie aber der Spielführer war da zum Glück schon ausgewechselt, dafür war ein anderer von Dank erfüllt.
Die Beste Aktion aus Hansasicht in der 2. Halbzeit war dann der gehaltene Elfmeter von Rico Selk mit einer Klasse Fußparade. In Sachen Elfmeter war Hansa wenigstens an diesem Tag den Hausherren haushoch überlegen, denn nach einem Foul an Engin Kahraman war es wieder Jörg Weikardt, der den Anschlusstreffer (85. Minute) markierte. Allerdings keimen meine Socken länger in den Tiefen meiner Sporttasche als die Hoffnung bei Hansa und so kamen die Gastgeber noch zu ihrem 8. Tor.
8:2! Das ist für uns alle beschämend und das Schlimmste ist ich kann nicht mal sagen, dass wir uns haben hängen lassen, vielmehr hatte ich den Eindruck das bei Spieler 1 – 14 an diesem Tag einfach nicht mehr drin war, als ob die ganze Mannschaft in totale Lethargie verfallen wäre. Dazu kommt, dass der Gegner an diesem Tag wirklich mit jedem Schuss getroffen hat. Die Abwehr – kein Timing, keine Zweikampfstärke und zu wenig Bereitschaft schnell zu verschieben und zum Pressing. Das Mittelfeld – oft zu langes Ballhalten, auch wenig Aggressivität in den Zweikämpfen und wie bei der Abwehr fehlendes Verschieben und Pressing. Der Angriff – vor allem in der 2. Halbzeit zu wenig Durchsetzungskraft. Am Schluss bediene ich noch das Phrasenschwein: „Lieber einmal 8:2 verlieren als 8-mal 1:0!“
Am nächsten Sonntag haben wir die Chance und die Pflicht uns zu rehabilitieren, denn das war nicht das wahre Gesicht von Hansa sondern die üblen Auswirkungen der Grasidiphobie!
Die (scheinbare) Einsamkeit eines Torhüters
von Rico Selk
Sonntag, 22.03. 16:50 Uhr: Vor 5 Minuten wurde das Spiel der FSV Hansa 07 gegen die zweite Mannschaft des FC Brandenburg 03 abgepfiffen. Mit leerem Blick starre ich auf das Spielfeld, der gegnerische Torwart verlässt als Letzter gerade dasselbige und ich frage mich ob die letzten 90 Minuten tatsächlich stattgefunden haben oder ob es doch nur ein schlechter Traum war.
Mittlerweile ist es Montagmorgen, ich sitze im Büro und stelle fest, es war weder ein Traum, noch habe ich Halluzinationen. Und dieses miese Gefühl im Bauch ist auch absolut real. Mir ist es selbst vor dem weißen Blatt peinlich, das zu schreiben, was gestern zwischen 15 und 16:45 Uhr geschehen ist. Aber ich nehme jetzt all meinen Mut zusammen und los: Die erste Mannschaft der FSV Hansa 07 hat verloren! Und….ähm….das Ergebnis lautete 8:2 für den Gegner. Ja, richtig gelesen: 8:2!!! Wenn ich nicht selbst dabei gewesen wäre, könnte ich es selbst nicht glauben. Wer unser Spiel vom letzten Wochenende gesehen oder auch nur den Spielbericht gelesen hat, wird sich fragen wie das passieren konnte. Diese Frage ist durchaus berechtigt. Hier nun ein kleiner Erklärungsversuch.
Die FSV ging das Spiel eigentlich recht ordentlich an. Die Mannschaft, im Vergleich zur Vorwoche nur auf 2 Positionen verändert (Schachner und Yücel rückten in die Startelf), versuche auf dem ungewohnten, weil natürlichen Untergrund, ins Spiel zu finden und dem FC Brandenburg 03 das Spiel aufzuzwingen. Dies gelang insofern, dass die Verteidigung der Brandenburger ein ums andere mal Schwierigkeiten hatten die quirligen Offensivspieler (Weikardt, Dumann und Kahraman) in den Griff zu bekommen. Leider konnte der FSV hier aus dem Spiel heraus keinen Treffer erzielen. So musste eine Standardsituation her. Weikardt, kurz vorher ca. 20 Meter vor dem Tor gefoult, verwandelte in der 20. Minute den Freistoß direkt. Ein wirklich sehenswerter Ball in den Winkel. Da konnte sich der Torwart noch so strecken.
Zu diesem Zeitpunkt sah es wirklich so aus als könnten wir zumindest vom Ergebnis her an das gute Spiel der Vorwoche anknüpfen. Stellenweise war jedoch zu sehen, dass Hansa heute einfach nicht wach und aggressiv genug war um dieses Ergebnis wirklich über die Runden zu bringen. Zwischen allen Mannschaftsteilen klafften derartig große Lücken, wurde sich teilweise so wenig bewegt und dem Gegner freies Geleit gewährt, dass es nur eine Frage der Zeit bis zum Ausgleich war. Und so kam es dann schließlich, wie es kommen musste. In der 30. Minute war es dann die klassische Fehlerkette, die unweigerlich zum Tor führen muss. Hansa geht im Mittelfeld an der linken Außenbahn nicht energisch genug auf den ballführenden Spieler, dieser setzt sich entsprechend gegen 2 Hanseaten durch, zieht in die Mitte und bekommt um und am 16 Meter Raum freies Geleit von drei Hanseaten. Der abgefälschte Schuss trudelt durch den 16 Meter Raum, wird fast auf der Grundlinie von einem Brandenburger gestoppt und dann am erst heraus-, dann zurückeilenden Torhüter Selk vorbei über das kurze ins lange Eck versenkt. Damit war sie dahin, die Führung.
Kurze Zeit später ähnliche Situation. Der Unterschied war lediglich, dass diesmal eine flanke in den 16’er geflogen kam Schachner und Vissers zum Kopfball steigen, sich dabei gegenseitig blocken und der Ball direkt vor die Füße es Brandenburger Kapitäns landet, der im Rückwärtsfallen einen Heber ins lange Ecke platziert, 2:1. Bei diesem stand blieb es auch bis zum Pausenpfiff.
Mit dem festen Ziel und dem Glauben, das Spiel noch drehen zu können ging es nach der Halbzeit wieder los. Was dann jedoch geschah, war die bitterste Halbzeit, dich ich bei Hansa und ich glaube auch in all meinen vorherigen Stationen als Fußballer je erlebt habe. Ich möchte hier auf eine genaue Beschreibung verzichten, da sie den Rahmen sprengen würde und alleine die Taktfrequenz der Treffer für sich spricht. Deshalb hier einfach die kurze und knappe Abfolge der Tore. Ab der 50. Minute fielen die Tore im Minutentakt wahlweise aus Abseitspositionen, gekonnten und platzierten Schüssen oder als Heber über den Torwart.
Die Abfolge habe ich ungefähr so in Erinnerung: 3:1, 4:1, 5:1, 6:1, 7:1, 7:2, 8:2. Die 6 Gegentreffer vielen in 40 Minuten, was einem Schnitt von einem Tor alle 6,666 Minuten entspricht!!!! Diese Quote wird nur noch durch einen Fakt getopt: 10 Torschüsse hatten 8 Tore zur Folge!!!! Das einzige was dem ganze noch die Krone aufgesetzt hätte, wäre ein Treffer eines eingewechselten und (vorsichtig ausgedrückt) sehr behäbigen Stürmer von Brandenburg gewesen. Aber den Elfmeter konnte Selk beim Stand von bereits 6:1 (oder war’s das 7:1?) parieren. Am Ende verließen 10 Hanseaten (Karayel sah frühzeitig in der 2. Halbzeit gelb rot) mit Hängen Köpfen den Platz.
Nachdem ich mich 10 Minuten später, durch den gegnerischen Torschützen zum 1:1 aufgemuntert, gesammelt habe, schleiche ich einsam und allein Richtung Kabine. Die Frage nach dem Warum und der Schuld beschäftigt mich. Beim Anblick der Mannschaft in der Kabine stelle ich jedoch fest, dass ich mit dieser Frage nicht so alleine dastehe, wie zunächst gedacht. Wir sind uns alle einig, dass wir heute nicht aufgrund einzelner Aussetzer sondern als Mannschaft verloren haben.
Fazit: Mit dieser indiskutablen Leistung aller Akteure steht Hansa knietief im Abstiegskampf und das nach dem letzten Spiel auch zu Recht. Wir können uns nur bei unserem Trainer, allen Hanseaten und Hansasympatisanten für das Spiel und besonders für das Ergebnis entschuldigen. Am kommenden Wochenende geht es gegen Sparta Lichtenberg, die Hansa die höchste Niederlage der Hinrunde bescherte. Ob das ein gutes oder schlechtes Omen ist, werden wir nächste Woche um 15:45Uhr wissen.
Aufstellung: R. Selk – Schachner, Akdogan (70. Hubmann), Duman, Karayel, Catal, Yücel (65. M. Bektas), Vissers, Sarikurt, Kahraman, Weikardt
Tore (das tut weh), aber OK: 0:1 Weikardt (23., Freistoss ins linke obere Eck), 1:1 Nicht Spielführer (28., Kunstschuss), 2:1 Spielführer (38., Lüpfer), 3:1 Spielführer (52., Lüpfer), 4:1 Spielführer (62., bestimmt auch Lüpfer), 5:1 Spielführer (67., vermutlich Lüpfer), 6:1 Spielführer (70., möglicherweise Lüpfer), 7:1 Nicht Spielführer (80., Schuss ins Eck), 7:2 Weikardt (82., Elfmeter, Kahraman), 8:2 Nicht Spielführer (89., Schuss ins lange Eck)
Karten: Asker Karayel (gelb-rot/Meckern oder weil der Schiri nicht wusste, dass Idiot auf türkischer „Schöner Bauch“ heißt???)
Hansa-Spieler des Spiels: Alle die nicht dabei waren
Aktueller Tabellenplatz: Hochgradig abstiegsgefährdend
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