Wenn du denkst, dass du denkst

8. Spieltag: FSV Hansa 07 – Reinickendorfer Füchse II 1:1 (1:1)

Ein Sonntagabend endet häufig mit der quälenden TV-Frage: Tatort oder Blockbuster? Gestern konnte man sich zwischen Brandstiftung mit Todesfolge im Ersten und Flugzeugterror auf Pro7 entscheiden. Langweilig. Jacke wie Hose. Am liebsten hätte man Marcel Reich-Ranicki angerufen. Ein Glück, dass im NDR zu später Stunde noch ein Klassiker wie Scarface lief. Tony Montana: „Versuch doch mal deinen Kopf in deinen Arsch zu stecken – dann siehst du ob er da reinpasst.“ Großartig. Der Tag war endlich vorbei.

Begonnen hatte er mit der sonntäglichen Gewissheit, dass nur drei Punkte zählen, wenn man die Tabelle irgendwann mal von oben lesen will. Die Chancen dazu standen nicht schlecht. Immerhin hat Hansa 07 bislang alle Heimspiele gewonnen und die Wrangelritze zu einer uneinnehmbaren Festung ausgebaut, die man – sollte in einer zweiten Nachtaktion noch mehr Sand auf den Platz gekippt werden – sogar bald vom Weltall aus sehen könnte.

Gegen die Reinickendorfer Füchse II jedoch reichte es allen guten Vorzeichen zum Trotz nur zu einem Unentschieden. Ein 1:1, auf das sich beide Mannschaften eigentlich schon vor dem Anpfiff hätten einigen können. Seltsam mutlos plätscherte das Spiel vor sich hin, kaum Torchancen, kein flüssiger Spielaufbau, die guten Ideen wurden bereits im Mittelfeld abgegrätscht, die Inspiration verpuffte im Pressschlag. Es hagelte Freistöße und Einwürfe auf Höhe der Mittellinie.

Das 0:1 (24.) war Marke Eigenbau. Es scheint bei Hansa einen unausgesprochenen Wettbewerb zu geben, für den sich regelmäßig Abwehrspieler plus Torwart – diesmal Asker Karayel und Christian Haberecht – bewerben. Dieser Wettbewerb könnte den Titel tragen: „Nimm-du-ihn-ich-hab-ihn-schon-Pokal“. Befragt nach der Situation sagte Haberecht nach dem Spiel: „Ich dachte ich könnte ihn haben.“ Auch Karayel muss in Konjunktiven gedacht haben, anders ist nicht zu erklären, warum keiner von beiden Tatsachen geschaffen und IHN, den Ball, ins Aus gejagt hat. Stattdessen spritze ein Fuchs zwischen das undynamische Duo und lupfte IHN lässig über den hilflosen Innenverteidiger Paul Linke ins Tor. Zuvor hatten die Kreuzberger schon zweimal versucht, Geschenke zu verteilen. Pfosten (Kopfball nach Flanke) und Pablo Gorelik (auf der Linie per Kopf nach Kopfball nach Ecke) verhinderten Schlimmeres. Gorelik: „Wäre drin gewesen, no!“

Der glückliche Ausgleich fiel nach einem schnell ausgeführten Freistoß, der bei Engin Kahraman im Sechzehner gelandet war. In eher ungefährlicher Situation wurde der Stürmer plump gelegt: Elfmeter. Spezialist Roman Emmerling versenkte gewohnt lässig in seine Lieblingsecke (29.), nur der Ex-Bremer Wynton Rufer konnte das mal besser. Mehr passierte in der ersten Halbzeit nicht mehr.

Und viel mehr passierte auch nach Wiederanpfiff nicht. Emmerling und der zweite Sechser Gorelik, der endlich wieder zur alten Form gefunden hat, hielten die Mitte dicht, die neu formierte Viererkette stand verhältnismäßig sicher, hatte nur mit einem Fuchs Probleme – es soll angeblich ein Bruder von Ashkan Dejagah gewesen sein. Und ob das stimmt, war schon die spannendste Frage auf dem Platz.

Spannend wurde es erst viel später auf der Couch. Tony Montana im Koksrausch: „Was ist? Du gibst mir einen Befehl!? Amigo, also die einzigen in dieser Welt, die mir einen Befehl geben sind meine Eier, hast du welche? Hast du Eier!?“ Ja, nächste Woche gegen Borsigwalde.

Aufstellung: Haberecht – A. Selk, Karayel, Linke, Borchert (56. Öktem) – Huber, Emmerling (79. Engel), Gorelik, Kökyaprak – Kahraman, Catal

Tore: 0:1 (24.), 1:1 (29., Emmerling, FE, Kahraman)

Karten: Borchert (gelb, Handspiel), Öktem (gelb, Dropkick gegen die Wand), Gorelik (Gelb, Foulspiel), Kökyaprak (gelb, Foulspiel)

Hansa-Spieler des Spiels: Pablo Gorelik – unermüdlicher Laüfer und Kämpfer im Mittelfeld, mit vielen guten Ideen nach vorne.

Besondere Vorkommnisse: Kollektive Sandallergie

Aktueller Tabellenplatz: 8.

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